„Ich verstehe es nicht“ – Ich glaube es nicht

„Ich verstehe es nicht“

titelt Tagesschau.de und zitiert den Bundesvorsitzenden des Deutschen Hausärzteverbands Ulrich Weigeldt:

… „Die Bereitschaft ist da, die Logistik steht, die Lieferketten stehen.“ Pilotprojekte hätten gezeigt, dass es möglich sei, alle verfügbaren Impfstoffe auch in der hausärztlichen Praxis zu impfen. „Ich verstehe es nicht“, sagte Weigeldt. „Weswegen müssen wir jetzt warten? Auf was?“ Er warf der Politik vor, sie würde die Impfzentren privilegieren. Die Menschen würden sich aber lieber beim Hausarzt impfen lassen.

Tagesschau.de –

Ich glaube es nicht,

dass der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes so dumm ist, dass er nicht versteht, worum es in der Substanz geht; ich gehe davon aus, dass er die Bevölkerung und die Politiker vorsätzlich für dumm verkaufen will.

„Die Bereitschaft ist da, die Logistik steht, die Lieferketten stehen.“

Diese Aussage ist schlichtweg unzutreffend. Die Lieferketten sind erheblich beeinträchtigt und alles andere als stabil; die Aussage des Standesvertreters ist eine sehr dreiste Behauptung – oder Weigelt hat keine Ahnung, was man unter einer Lieferkette versteht. Was Weigelt unter den gegenwärtigen Umständen mit der ’stehenden Logistik‘ meint, bleibt sein Geheimnis; was er mit ‚Bereitschaft‘ genau meint, geht aus der Meldung nicht hervor. Es wäre vielleicht eine interessante Idee, sich öffentlich dazu zu äußern, zu welchen konkreten ökonomischen Bedingungen und mit welcher Logistik – vom Anfang der Lieferkette bis zur Einbestellung der Impflinge, dem Management der Warteschlangen vor der Praxis, der Aufklärung der Impflinge und schließlich der Applikation der Spritze mit der anschließenden Beobachtungsphase – die gesamte Ärzteschaft bereit und in der Lage sei, die Massenimpfung einschließlich aller Nebenleistungen – unter den räumlichen Bedingungen einer konventionellen Kassenpraxis neben dem laufenden alltäglichen Praxisbetieb – zu übernehmen.

“ …. Pilotprojekte hätten gezeigt, dass es möglich sei, alle verfügbaren Impfstoffe auch in der hausärztlichen Praxis zu impfen. …“

Mit anderen Worten, Weigeldt sind die Impfzentren ein Dorn im Auge und er wünscht sich deren Abschaffung, denn die Hausärzte würden alles viel besser alleine bewerkstelligen. Die wissenschaftliche Qualität und Evidenz der von Weigeldt erwähnten Pilotprojekte (Plural!) würden mich im Detail interessieren, vor allem der wissenschaftlich fundierte Vergleich der Praxen mit den Impfzentren hinsichtlich der Einhaltung der Prioritätsvorgaben, der Abstands- und Hygieneregeln, sowie der Effizient und der Kosten.

„… Weswegen müssen wir jetzt warten? Auf was?“

Der Standesvertreter verträgt das Warten auf die Vergütung offensichtlich schlechter als die von der Infektion bedrohten Impflinge das Warten auf den rettenden Pieks.

Wenn er der Politik vorwirft, die Impfzentren zu privilegieren – was will er damit sagen? Er kann es offensichtlich nicht vertragen, dass die Politik die Ärzteschaft nicht wie gewohnt privilegieren will. So einfach ist es. Die Äußerungen des Standesvertreters sind Ausdruck von Populismus aus der untersten Schublade.

„Die Menschen würden sich aber lieber beim Hausarzt impfen lassen …“

Woher weiß der Hausarztvertreter das? Natürlich, weil er der Beste ist und weil er als Doktor grundsätzlich immer besser weiß, was für andere Menschen gut ist und was sich diese zu wünschen haben.

Saarbrücker Zeitung vom 11.03.2021:

… Er [Weigeldt] warnte dabei auch vor zu hohen bürokratischen Hürden für die Hausärzte beim Impfen. „Die Bedingungen dafür müssen so sein, dass die Impfungen gegen COVID-19, wie alle anderen Impfungen auch, in die hausärztliche Routine übergehen. Das heißt beispielsweise, dass es keine überbordende Bürokratie geben darf. Das wäre sonst so, als würde man beim Fahren gleichzeitig auf dem Gas und der Bremse stehen“, sagte Weigeldt.

saarbruecker-zeitung.de –

Abschaffung der Bürokratie – das klingt gut. Soll bedeuten: Abschaffung der Kontrolle. Meine verehrten Kollegen hassen Kontrolle wie der Teufel das Weihwasser – das ist das übliche Klagelied bei fast jedem Ärztestammtisch. Priorisierung (nach Entscheidungskriterien der Politik) ist lästig; viel besser scheint es, es den Ärzten allein zu überlassen, wen sie von Ihrer Kundschaft bevorzugen wollen – und wer würde sich als Patient nicht gerne bevorzugen lassen? Natürlich sind ihnen dann die bevorzugten Kunden sehr dankbar!

Die Unterscheidung zwischen der ‚Freiheit der Berufsausübung‘ als berufsrechtlich geregelte Vertrauens-Obliegenheit und willkürlicher Machtausübung nach Gutsherrenart als unterstelltes unantastbares Privileg wird nicht nur von vielen Kollegen nicht erkannt, sondern auch von den Standesvertretern gerne schlichtweg ignoriert.

Kollegenschelte?

Jawoll, ich bin nicht bereit, die populistische Irreführung meiner Standesvertreter kritiklos hinzunehmen. Ich bin nicht bereit, eine Entwicklung hinzunehmen, die den ärztlichen Berufsstand dem Verdacht aussetzt, sich an der Pandemie auf unredliche Weise – zu Lasten der Allgemeinheit zu bereichern.

Gegen diesen Verdacht hilft nur schonungslose öffentliche Transparenz der ökonomischen Bedingungen, unter denen die beteiligten Personen und Gruppen ihren Beitrag zur Bewältigung der Corona-Krise leisten und die Unterlassung einer populistischen Argumentation der verantwortlichen Entscheidungsträger.

Zum Glück habe ich mit einigen – nicht aber der überwiegenden Mehrheit – meiner ärztlichen und psychotherapeutischen Kolleg*Innen als Kollege und Mitarbeiter gute Erfahrungen gemacht; aber ich kann nicht behaupten, dass es – nach meiner persönlichen Bewertung, auch aus meiner eigenen Rolle als Patient – keine schwarzen Schafe in meiner Berufsgruppe gäbe. Zu viele sachlich falsche ‚Gefälligkeitsbescheinigungen‘ und ‚Atteste‘ sind mir in früheren Jahren als Chefarzt, ärztlicher Verbandsfunktionär und Prüfer vorgelegt worden, die ausschließlich den Zeck hatten, Patienten oder anderen interessierten Personen ein (ökonomisches) Privileg zu verschaffen. Von Patienten unter den Bedingungen der Ressourcenknappheit wegen einer ‚bevorzugten Behandlung‘ oder einer ‚begünstigenden Bescheinigung‘ bedrängt zu werden, gehört zum ärztlichen Berufsalltag („… können Sie hier nicht einmal eine Ausnahme machen …?“). Ich kann verstehen, dass die Verführung für einen Arzt groß ist, Patienten, zu denen man eine ‚gute‘ persönliche Beziehung hat, einen Vorteil zu verschaffen, den aber andere Personen oder die Allgemeinheit bezahlen müssen. Ich räume ein, dass ich nicht ausschließen kann, dass ich dieser Versuchung schon einmal durch Unachtsamkeit oder Irrtum erlegen bin; aber ich versichere, dass diese Strategie für mich als ‚Geschäftsmodell‘ noch nie in Betracht gekommen ist. Falls jemand andersartige Erfahrungen mit mir in meiner Berufsausübung gemacht haben sollte, bitte ich um eine eindeutige Rückmeldung!

(Nachtrag vom 21:03:2021:) Dass falsche ärztliche Atteste Raritäten sind ist ein Irrtum. HNA.de berichtet unter der Überschrift: Corona in Deutschland: Falsche Atteste für Corona-Gegner? Ärzte in der Kritik :

(…) Aber auch die Missachtung der Hygieneregeln in Arztpraxen sei neben sogenannten „Gefälligkeitsattests“ ein Thema. (…) Allein in Baden-Württemberg gingen nach Angaben der Landesärztekammer bis Februar 2021 circa 340 Beschwerden gegen Ärzte im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ein. Welche Bußen von der Landesärztekammer für solche Hinweise verhängt werden, unterscheide sich jedoch von Land zu Land. In vielen Bundesländern laufen derzeit Prüfungen und berufsrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Ärzte.

HNA.de vom 21.03.2021

Nicht jede Beschwerde ist berechtigt. Ich selbst habe als Kammermitglied und Beschwerdeführer die Erfahrung gemacht, dass Beschwerden bei der für mich zuständigen Ärztekammer teilweise mit schlichter Untätigkeit beantwortet werden. 340 Beschwerden innerhalb von 2 Monaten bei einer Landesärztekammer könnten allerdings als ein Indikator angesehen werden, dass blindes Vorschussvertrauen und eine Approbation als Arzt allein nicht verhindert, dass ein Arzt eine Neigung zu korruptem Verhalten an den Tag legt.

Die Corona-Krise ist ein seltener ‚Testfall‘, der die beteiligten Personen – insbesondere diejenigen mit Strukturverantwortung – auf die Probe stellt. Die aktuellen Nachrichten (‚Maskenaffäre von Abgeodneten‘) zeigen, dass einige Politiker bei dieser Probe durchgefallen sind.

Es ist unerträglich, dass die Entscheidung über die Verteilung der u. U. lebensentscheidenden raren ‚Ressource Impfstoff‘ aus vorgeschobenen pragmatischen Gründen denjenigen als Einzelperson überlassen wird, die gleichzeitig die ökonomischen Nutznießer des Vollzugs ihrer eigenen Verteilungsentscheidung sind.

Die Erfahrungen mit dem Entscheidungsdilemma und den Fällen von korrupten Entscheidungen über die Zuteilung von Transplantationsorganen scheinen völlig in Vergessenheit geraten zu sein. Die Analogie liegt aber auf der Hand; auch hierbei geht es um lebenserhaltende Entscheidungen und deren Vollzug unter extremem Zeitdruck. Montgomery (2015 – damals Präsident der Bundesärztekammer) via Bild: „Wir wollen das Vier-Augen-Prinzip einführen, bei dem ein unabhängiger Arzt feststellen muss, wie krank der Empfänger wirklich ist, damit die Liste nicht mehr gefälscht werden kann.“

Das ist der Grund, warum ich eine unabhängige Kontrolle der ärztlichen Tätigkeit in vielerlei Hinsicht für unabdingbar halte, auch wenn diese Kontrolle nicht nur unangenehm und lästig ist, sondern auch oft sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Wer sich dieser Kontrolle nicht unterwerfen will, sollte seine Approbation zurückgeben.

Das Schutzbedürfnis liegt bei den Impflingen und nicht bei einer ohnehin privilegierten Berufsgruppe. Allem Anschein droht die politische Führung und die Presse in Deutschland den Lobbyisten der Ärzteschaft – wieder einmal – auf den Leim zu gehen. Ich bin gespannt, wann die ersten Meldungen über das Kursieren von Corona-Impfstoffen auf dem Schwarzmarkt in Deutschland die Runde machen. Schöne Grüße vom Methadon-Schwarzmarkt.

Der Engpass der Corona-Massenimpfung liegt nicht darin, dass die zeitnahe Verimpfung in gut und vernünftig ausgestatteten oder noch kurzfristig auszustattenden Impfzentren nicht organisierbar sei, sondern jetzt und mittelfristig in den Produktions- und Lieferengpässen der Impfstoffe; daran können die Hausärzte auch nichts ändern. Der Vergleich mit den Bedingungen anderer Impfungen unter Nicht-Pandemiebedingungen (z. B. saisonale Grippeimpfung) ist völlig abwegig.

PS:

Wer das unglaubliche Privileg genießt, mich (denjenigen der im Impressum dieser Seite angegeben ist) persönlich zu kennen und dazu auch noch meine persönliche Mailadresse kennt, die/der kann mir gerne mitteilen, dass er/sie in meinen Verteiler aufgenommen werden möchte, um über neue Beiträge auf dieser Webseite per Mail informiert zu werden.

Gerne nehme ich auch von anderen Schriftgelehrten Beiträge auf, die zu dieser Seite passen; Meinungsvielfalt und Kritik sind gefragt– allerdings unter der Bedingung, dass der/die Autor/in einverstanden ist, im Zusammenhang mit einem Beitrag namentlich genannt zu werden!

Das Impfdesaster in Deutschland ist ein Anlass für Fremdscham erster Ordnung

Das Impfdesaster ist – nach Meinung des Verfassers dieses Beitrags – eine ausgesprochen peinliche Angelegenheit. Nach einem anfangs hoffnungsvollen Start wird kaum eine Gelegenheit für eine Blamage ausgelassen.

Was ist bislang sehr gut gelaufen?

Die Priorisierung,

  1. zunächst die hochbetagten und pflegebedürftigen Personen zu impfen,
  2. sodann die in der Pflege und Behandlung von tatsächlich oder potentiell infizierten Personen tätigen Pflegekräfte und Ärzte zu impfen,
  3. und anschließend die weiteren, in der offiziellen Prioritätenliste danach aufgeführten, besonders exponierten Personengruppen zu impfen,

waren gute und ethisch notwendige Entscheidungen unter der Bedingung, dass für die besonders gefährdeten Personen vorläufig ein eklatanter, unabweisbarer Mangel eines lebensnotwendigen Mittels – dem Impfstoff – besteht. An der Priorisierung sollte bis zum Erreichen einer belastbaren Herdenimmunität unbedingt festgehalten werden.

Diese ‚Rationierung‘ eines Produktes, welches unter Marktbedingungen gehandelt wird, stößt bei manchen Zeitgenossen sauer auf. Es ist eine Wohltat festzustellen, dass die deutsche Bundesregierung nicht ohne Erfolg versucht, die besonders gefährdeten Personen und diejenigen, von denen man kein lukratives Wertschöpfungsptential mehr zu erwarten hat (z. B. den sog. Pflegefällen), vor der Brutalität des ungeregelten Marktes zu schützen.

Dieser Priorisierung ist zu verdanken, dass die Sterberate – entgegen der stagnierenden bzw. wieder ansteigenden Neuinfektionsrate – sehr erfreulich gesunken ist.

Wenn Sie auf die Grafiken klicken, ehrhalten Sie die aktualisierten Diagramme.

Dass es nicht einfach war und ist, diese Entscheidungskriterien unter den gegebenen angespannten Umständen politisch durchzusetzen, liegt auf der Hand. Das bedeutet, dass man alle nachrangigen Gruppen an das Ende der Warteschlage schicken muss. Jeder, der sich vordrängelt, verschiebt die gesamte Warteschlange der besonders bedürftigen Personen nach hinten.

Damit die (Vor-)Drängler*innen keine Chance haben, ist es erforderlich, die Priorisierung streng zu kontrollieren, zu dokumentieren und gegebenenfalls zu sanktionieren. Der dafür erforderliche bürokratische Aufwand ist grundsätzlich unvermeidbar; man muss diese Aufgabe nur logistisch geschickt planen und mit geeigneten Mitteln bewältigen.

Allerdings: Es fehlen in der Prioritätenliste z. B. die inhaftierten Strafgefangenen. Dieser Personenkreis, der in unserer Gesellschaft nicht die beste Lobby hat, gehört auch zu denjenigen, die aus eigener Kraft nichts unternehmen können, um sich selbst gegen eine Infektion in einer Gemeinschaftseinrichtung zu schützen – genauso wie (schwer-)behinderte, pflegebedürftige, wegen einer psychischen Erkrankung in einer geschlossenen Einrichtungen untergebrachte oder aus anderen Gründen in ihrer physischen Bewegungsfreiheit eingeschränkte oder behinderte Personen. Die Menschen in solchen ‚Zwangsgemeinschaften‘ sind einem besonders hohen und im Einzelfall unkalkulierbaren Infektionsrisiko ausgesetzt.

Es liegt auf der Hand, dass die offizielle Prioritätenliste nicht jedem Einzelfall gleichermaßen gerecht werden kann. Deshalb ist für besondere Fälle die Möglichkeit einer Einzelfallentscheidung vorzubehalten. Diese sollte aber eine Ausnahmeentscheidung und nicht der Regelfall sein und deshalb streng nach dem 4-Augen-Prinzip unabhängiger Entscheidungsträger getroffen werden. Wer glaubt, dass dies nicht möglich sei, irrt; man muss es nur organisieren – und zwar schnellstens.

Gut gelaufen ist, dass die Bestellung der Impfstoffe (wenigstens teilweise gemeinsam) über die EU abgewickelt wurde, wo auch immer die tatsächlichen Herstellungsorte der Impfstoffe sein mögen.

Respektabel ist auch die Haltung der Politiker, die sich in der Warteschlange für die Impfung nicht vordrängeln, auch wenn man einwenden kann, dass die Spitzenpolitiker systemrelevant sind.

Nach Auffassung des Autors ist es besser, ein Vorbild im Sinne „… der Kapitän verlässt als letzter das sinkende Schiff …“ zu sein als ein Vorbild im Sinne “ … ich bin so wichtig – also bin ich selbstverständlich der erste Fall für das Rettungsboot …“. (Ich erinnere mich an den Spruch meiner verstorbenen Mutter: „Auch der Papst segnet sich selbst zuerst“)

Das Argument, als prominete Persönlichkeit mit dem Vorbild ‚Ich zuerst‘ die Impfskeptiker überzeugen zu wollen, ist an den Haaren herbei gezogen und nach Auffassung des Autors ein fast sicherer Indikator für eine sehr niedrige Schwelle zu korruptem Verhalten. Auf Sicht gibt es mehr impfbereite Personen als Impfstoffe.

Wer sich als Politiker auf das Niveau der modernen Influencer-Kultur herablässt, um möglichst viele ‚likes‘ zu sammeln, macht allem Anschein nach populistischen Wahlkampf auf seine eigene Art, anstatt sich um das faktische Wohl seiner Wählerschaft zu kümmern.

Bis hierher

blicke ich mit einem bemerkenswerten Stolz auf die Corona-Politik in Deutschland und habe Verständnis dafür, dass die Entscheidungsfindung nicht einfach ist; ich akzeptiere, die „Späne, die beim Hobeln solch dicker Bretter fallen“ und nehme gerne in Kauf, dass eine gewisse Schwerfälligkeit der Preis für eine demokratische Entscheidungsfindung unter den Bedingungen der föderalen Struktur und der Gewaltenteilung in Deuschland ist.

Was danach

gekommen ist, hat zunehmend nicht nur einen zunehmend bitteren sondern auch einen sehr sauren Geschmack.

  1. Gerne wird von manchen Besserwissern bezüglich der Bestellung und des Einkaufs von Impfstoffen die Vorgehensweise der USA (oder mancher anderer Staaten mit vergleichbaren Einkaufsstrategien) als Vorbild herangezogen. In der Tat, die Amerikaner haben mit Ihrem Slogan „Amerika first“ eine bessere Lieferquote (nicht zu verwechseln mit der Verteilungslogistig der Impfstoffe!) als die EU und Deutschland durchgesetzt. Wer sich bei Produktions- und Lieferengpässen mit besseren Preisangeboten am Markt vordrängelt, schiebt die anderen in der Warteschlange nach hinten. So funktioniert der Markt.

Wer diese Strategie bevorzugt, mit demjenigen teile ich nicht gerne mein Abendbrot.

Mit Datum vom 10.03.2021 liegt die Impfquote (erfolgte Impfdosen je 100 EW lt. RKI / OWiD) in Deutschland bei 9,8 im Vergleich zur weltweiten Impfquote von 4,1 und der Impfquote der USA von 28,3.

Die Neue Zürcher Zeitung schrieb am 05.03.2021 unter dem Titel „Weil der Westen versagt, impfen China, Russland und Indien die Welt gegen Corona“:

„Der Westen impft zuerst die eigene Bevölkerung. Währenddessen liefern China, Russland und Indien ihre Vakzine an weniger reiche Länder. (…) Noch empfangen meist Schwellenländer mit geringem und mittlerem Einkommen Impfstoffe aus China, Russland und Indien. Diese sind im Verteilkampf um die Vakzine der westlichen Hersteller praktisch leer ausgegangen. Denn die Vereinigten Staaten, die EU und andere reiche Länder haben die ersten Lieferungen für ihre eigenen Bevölkerungen aufgekauft. Manche haben gar viel mehr bestellt, als sie eigentlich brauchen. (…)Kein Land hat so viel chinesischen Impfstoff erhalten wie Indonesien. Fast 40 Millionen Dosen wurden bereits geliefert, fast die Hälfte aller chinesischen Exporte.“

Anm.: Covax ist die Impfinitiative der WHO, die auch ärmeren Ländern Zugang zu Vakzinen verschaffen will

Es lohnt sich, sich mit den Zahlen, auch den Zahlen der nichteuropäischen Lieferländer und deren eigenen Impfquoten, zu beschäftigen – am besten aus unterschiedlichen Quellen. Dann kann sich jeder ein eigenes Bild davon machen, welches Land sich in Sachen ‚Internationale Solidarität unter Corona-Bedingungen‚ mit welchem Ruhm bekleckert.

2. Mit großen medialen Spektakel sind in Deutschland in großen Hallen Impfzentren aus dem Boden gestampft worden. Eigentlich sollten diese gut funktionieren. Es wir oft darüber geklagt, dass nicht genug Impfstoff zur Verfügung steht.

So arbeiten die Impfzentren:

Quelle: RKI, BMG (Stand: 10.03.2021)

Von den bislang insgesamt 12,5 Mio. gelieferten Impfdosen liegen am 10.03.2021 35% = ca. 4,3 Mio. Stück in den Schubladen oder Kühlschränken. (Wenn in Zukunft mehr Impfstoff geliefert wird, benötigen die Impfzentren größere Schubladen. Das Problem könnte man lösen und bei Ikea nachfragen.)

Aus dem nachfolgenden Diagramm kann man schlussfolgern, zu welchen Arbeitszeiten dort gearbeitet wird:

Allem Anschein läuft am Wochenende in den Impfzentren nicht all zu viel. Es könnte sein, dass dort nur zu Bürozeiten gearbeitet wird.

3. Ich habe mich als approbierter (Fach-)Arzt mit Tagesfreizeit bei der für mich zuständigen Ärztekammer Nordrhein über das auf der Webseite der Ärztekammer installierte Covid-19-Freiwilligen-Register seit Januar im Abstand von mehreren Wochen bereits zweimal (!) als freiwilliger Helfer zum Testen und Impfen oder zur Beratung angemeldet. Bislang habe ich weder eine Rückmeldung noch eine Nachfrage erhalten. (Vielleicht habe ich mir dort auch als ‚Nestbeschmutzer‘ der ärztlichen Zunft einen durchwachsenen Ruf eingehandelt (?))

Allem Anschein hat man genug oder zu viel Personal für solche Zwecke.

4. Mein Schwiegervater, ein noch sehr rüstiger älterer Herr, begeht in wenigen Monaten seinen 100. Geburtstag; meine jugendliche Schwiegermutter zählt dagegen nur 85 Lebensjahre. Beide warten in Niedersachsen bis heute vergeblich auf einen Impftermin; der Transport zu einem Impfzentrum wäre kein Problem.

(Ergänzende Anmerkung vom 22.03.2021: Die beiden hochbetagten Menschen wurden am 18.03.2021 in einem lokalen Impfzentrum (in einer Turnhalle) im Kreis Celle problemlos und erfolgreich geimpft und haben das BionTech-Präparat gut vertragen.)

5. Jetzt kommen plötzlich Politiker auf die Idee, die Hausärzte an der Massenimpfung zu beteiligen. Einige Ärztefunktionäre nehmen diese Idee als Anlass zum Jubeln.

Spiegel.de schreibt am 10.03.2021 unter der Überschrift „Corona-Impfungen beim Hausarzt – was Sie jetzt wissen sollten“:

Ab April sollen auch niedergelassene Ärzte und Ärztinnen Corona-Impfungen in ihren Praxen vornehmen. Der Schritt soll das Impfprogramm in Deutschland deutlich beschleunigen. Denn während bisher Impfstoffknappheit herrscht, soll bald deutlich mehr Impfstoff zur Verfügung stehen. Wären dann weiterhin allein die Impfzentren zuständig, würden sie irgendwann nicht mehr hinterherkommen. (…), dass die Hausärzte – als wichtige Ergänzung zu den Impfzentren – schrittweise ins Impfen einbezogen werden sollen ….

Man lässt sich ab heute also 21 Tage Zeit, um diese weltbewegende Maßnahme für die Hausärzte vorzubereiten!

(Nachtrag vom 11.03.2021: Tageschschau.de berichtet am 11.03.2021: (…) Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, meldete bereits Zweifel am angekündigten Termin für den Impfbeginn in Praxen an. Auf die Impfressourcen könne „wohl erst im Mai in Arztpraxen zurückgegriffen werden“- danach dauert es also noch ca. 2 Monate …)

Ein niedergelassener TV-Arzt meinte im Fernsehen, dass eben die Ärzte die beste Fachkompetenz zum Impfen hätten und dass sie ihre Patienten besser kennen. Ein Armutszeugnis ohne Beispiel. Der Piks ist ja ein unglaublich virtuoser Kunstgriff, den man in den letzten Wochen jeden Tag in den Nachrichten mehrfach demonstriert bekommt.

In einer gewöhnlichen Arztpraxis ist eine Massenimpfung nach Auffassung des Autors nichts als Dummes Zeug und bietet die Gelegenheit für kreative Geldschneiderei der Zunft.

Als unterbeschäftigte/r Ärztin/Arzt kann man sich natürlich bei den Patient*innen sehr beliebt machen, denen man schneller den rettenden Piks applizieren kann, wenn man gleichzeitig ein ‚anonymes Impfzentrum‘ diskreditiert; auf die Priorisierung kommt es dann ja im Einzelfall nicht mehr an, denn mit den anderen wartenden Menschen hat der Doktor ja nichts zu tun, es sei denn, diese anderen bringen ihm auch noch erst einmal Ihren Krankenschein mit. Na ja, und auf die Quartalsabrechnung haben diese Fälle ja auch eine gewisse Auswirkung.

(Nachtrag vom 11.03.2021: Nach unterschiedlichen Quellen im Netz wird der Stundensatz eines Arztes in einem Impfzentrum mit 120 – 200 EUR diskutiert. In einer anderen Quelle wird der abrechnungsfähige Honorarsatz einer Covid-19-Impfung mit 27 EUR diskutiert; welche damit verbundenen abrechnungsfähigen Nebenleistungen und Pauschalen hinzu kommen, ist mir noch nicht bekannt. Für die Apotheken bietet die Lieferung des Impfstoffes auch ein gewisses Zubrot, es sei denn, die Apotheken wollten an dem Geschäft nichts vedienen (?).

Da ich meine Zulassung als Kassenarzt bereits 2015 zurück gegeben habe, habe ich keinen Einblick mehr in die Abrechnungspraxis und keine Vertragsbeziehung mehr zur Kassenärztlichen Vereinigung. Wenn ich zuverlässige Quellen gefunden habe, werde ich die Quellen benennen und die Angaben präzisieren.)

(Nachtrag vom 01.04.2021: Hier kann die Tabelle vom 24.03.2021 mit den Abrechnungsziffern und Vergütungsbeträgen für die Vertragsärzte der Kassenärztlichen Bundesvereinigugn (KBV) für die Covid-19-Impfung eingesehen werden. Die Grundvergütung für die Erst- und Abschlussimpfung beträgt je Impfung einschließlich Beratung und Nachbeobachtung EUR 20,–. Ein Hausbesuch wird zusätzlich mit EUR 35,– vergütet. Beratung ohne Impfung wird mit EUR 10,– vergütet.)

Dass der Doktor seine Patienten kennt, stimmt in vielen Fällen sogar – aber er kennt nicht die, die noch nie in seiner Praxis waren.

Der Doktor, seine Kollegen und auch die Politiker haben aber offenbar nicht begriffen, dass wir es mit einer Pandemie zu tun haben, in der es darauf ankommt, mit dem Mittel der Impfung jetzt und ohne einen Tag Zeit zu verlieren, die verfügbaren Impfdosen an die Impflinge zu verteilen, und zwar – wie oben beschrieben – in der nach derzeitigem Wissens- und Entscheidungsstand ethisch gebotenen, priorisierten Reihenfolge. Und ohne sich in diesem Kontext einen besonderen persönlichen (ökonomischen) Vorteil zu beschaffen oder versprechen zu lassen.

Es reicht einfach, dass sich Bundestagsabgeordnete an den der Vermittlung der Maskenbeschaffung auf unredliche Weise bereichert haben.

Es kann nicht sein, dass es nicht möglich ist, weitere Impfzentren in leerstehenden Hallen (in Gemeindehallen, Kontzertsälen, Möbelhäusern mit Großparkplätzen, brach liegenden Groß-Restaurants etc.) in wenigen Tagen aufzubauen und mit allem auszustatten, was man für eine Massen-Impfung benötigt – nicht mehr und nicht weniger. Die Vollausstattung einer Arztpraxis ist dort ebenso überflüssig wie die Fachkompetenz eines Arztes für andere Gesundheitsprobleme. Und man könnte dafür sorgen, dass diese Impfzentren sieben Tage rund um die Uhr Impfungen durchführen. Eine Massenimpfung ist keine Individualbehandlung; auch in einem Impfzentrum kann man jeden Impfling sorgfältig und respektvoll behandeln, auch Personen im hohen Lebensalter und Menschen mit Behinderung. Den Impfrisiken kann man in der Zusammenarbeit der Kolleg*innen und Mitarbeiter*innen in einem Impfzentrum weitaus besser Rechnung tragen als in einer Einzelpraxis.

Jeder Arzt in einem Impfzentrum – auch wenn er nur ein paar Stunden in der Woche dort tätig ist – wird pro Zeiteinheit (in der Zusammenarbeit mit kurzfristig angelernten Hilfspersonen) mehr Impfungen durchführen können, als in seiner eigenen Praxis – vor Allem auch außerhalb gewöhnlicher Sprechzeiten.

Ein Impfling ist kein Patient; er leidet nicht und ist auch (zum Glück noch) nicht krank. Jeder Impfling, der nicht immobil ist, kann ein Impfzentrum aufsuchen. Das ist zumutbar. Wer behindert, bettlägerig ist oder nicht transportfähig ist, ist entweder in einer betreuenden Einrichtung oder wird von anderen Personen professionell oder privat zu Hause betreut. Es kann doch nicht sein, dass es nicht möglich ist, diese Personen zu einem Impfzentrum zu begleiten, wenn die Terminierung gut organisiert ist. Bei den wenigen Personen, bei denen auch das ausnahmsweise nicht möglich ist, ist selbstverständlich eine Impfung durch ein mobiles Impfteam oder den betreuenden Hausarzt sinnvoll und erforderlich.

Dieses Szenario hat aber mit der Bewältigung eines Massenanfalls von Impflingen so viel zu tun wie die Löschung eines Großbrandes durch die Feuerwehr mit dem Auspusten einer Adventskranzkerze.

Ob es politische bzw. logistische Dummheit, Wahlkampf, Erschöpfung oder verdeckte Vorteilsnahme ist, kann ich nicht unterscheiden – weder bei den Politiker*Innen noch bei meinen Kolleg*Innen.

Oder geht es darum, Herrn Minister Spahn abzusägen, der sich in der Anfangszeit der Pandemie dadurch ausgezeichnet hat, nichts zu versprechen, was er nicht halten konnte. Jetzt wird immer mehr versprochen, immer weniger gehalten und man überläßt die Organisation den Amateuren.

Wie es auch gehen könnte, kann man in der Wirtschaftswoche nachlesen. (Jeder Vergleich hinkt, aber manchmal kann man auch von denjenigen etwas lernen, die man nicht so gerne zitiert.)

(Nachtrag vom 11.03.2021: Tagesschschau.de berichtet am 11.03.2021:

Gassen [der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigundg (KBV)] beklagte zugleich die „deutsche Neigung, den Bürokratie-Oscar gewinnen zu wollen“. Dies bremse die Impfkampagne. „Wir sollten nicht alles bis ins Kleinste regeln wollen“, sagte er. Um schnell so viele Bürger wie möglich zu impfen, müsse auch die strenge Priorisierung der Ständigen Impfkommission (STIKO) schrittweise zurückgezogen werden.

Es ist unerträglich, Menschen an der Spitze der ärztlichen Selbtverwaltungskörperschaften zu haben, die neben der Einkommenssicherung der Ärzteschaft nichts anderes tun, als die Bürokratie zu bejammern, anstatt die bürokratischen und logistischen Probleme zu lösen. Dazu sind diese Peronen offensichtlich nachhaltig einfach nicht in der Lage.)

Es mir fällt schwer, diesem ethischen und logistischen Absturz in der gegenwärtigen Pandemiebewältigung tatenlos zuzusehen.

War doch nichts!

Bin ich so froh, dass ich mit meinen Befürchtungen nicht rechtbehalten habe.

Nicht nur der Atomkoffer, sondern der ganze Globus hat den Präsidentenwechsel im Weißen Haus ohne nuklearen Knall überstanden.

Trump ist gewissermaßen einfach verschwunden.

Der AMERIKA FIRST-Trumpismus ist wahrscheinlich aber nicht weg.

Seit dem 20.01.2021, 12:00 Uhr (USA-Zeit) geht es mir sehr viel besser.

Jetzt bleibt in meinen Kopf wieder mehr Platz für ander Themen. Mir wird schon noch was einfallen.

#ZeroCovid – Aufruf zur Unterschrift!!

Soeben habe ich meine Unterschrift unter die Petition https://zero-covid.org/ geleistet.

Ich bin überzeugt, dass das in der Petition angesprochene Konzept und die daraus folgenden Strategien die gegenwärtig besten Antworten auf die Corona-Krise sind. Ob die Maßnahmen realistisch durchsetzbar sind, hängt davon ab, ob die Mehrheit unserer Zeitgenossen die Dramatik der Krise versteht und bereit ist, auch das eigene Verhalten entsprechend darauf einzustellen.

Mein Wunsch an jeden meiner Zeitgenossen ist, sich mit diesem ‚unkomfortablen‘ Thema verantwortungsvoll zu befassen und sich entsprechend zu verhalten.

Die Konsequenzen sind hart und sie verlangen in allen gesellschaftlichen Bereichen große Opfer.

Ich bin der festen Überzeugung, dass die kurzfristig ‚milderen‘ Lock-down Maßnahmen und frühzeitige Lockerungen die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Kosten und Belastungen der Corona-Krise nur verschieben, mittelfristig aber deutlich erhöhen.

Ich begrüße es sehr, dass die Bemühungen um eine schrittweise und planvolle Durchimpfung – beginnend mit den Hochbetagten und den besonders gefährdeten Beschäftigten im Gesundheitswesen – fortschreiten. Ich beteilige mich nicht an den Klagen und Vorwürfen bezüglich der auftretenden Hindernisse bei der Umsetzung einer flächendeckenden Durchimpfung; diese Hindernisse waren zu erwarten und erfordern auch in Zukunft erhebliche Anstrengungen.

Die Hoffnung, dass die Coronakrise – als pandemische Belastung der gesamten Weltbevölkerung – durch Impfungen in absehbarer Zeit erledigt sein wird, halte ich für einen naiven – oder von Interessen geleiteten – Wunschtraum.

Aufregung und Klagen helfen nicht weiter; verantwortungsvolles Verhalten ist das Gebot der Stunde. Vordrängeln hilft ebenso wenig wie Verweigerung.

Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Krise jeden erheblich belastet; eine ‚gerechte‚ Lastenverteilung halte ich für eine unsinnige Erwartung; es macht keinen Sinn, die hohen Sterberaten der älteren Mitglieder unserer Population gegen die Belastungen der Kinder und Jugendlichen durch den Ausfall der Beschulung gegeneinander ‚aufzurechnen‘; die Verletzbarkeit ist für jede Bevölkerungsgruppe zu unterschiedlich.

Ebenso trifft die Krise verschiedene Wirtschaftsbereiche (z. B. Gastronomie / Lebensmittelhandel) unvermeidbar sehr unterschiedlich und erfordert kluge Strategien, nicht einer gerechten – wohl aber einer ausgewogenen und fairen!! Lastenverteilung.

Das bedeutet, dass diejenigen die schnellste und beste Unterstützung verdienen,

  • die aus eigener Kraft die Bedrohung ihrer Existenz nicht abwenden können
  • die wir alle für unser Überleben in dieser Gesellschaft benötigen und
  • die mit ihrem Tun bereit und in der Lage sind, einen nachhaltigen Beitrag zum Schutz und Bestand unserer solidarischen Gesellschaftsordnung zu leisten.

Wichtig ist es, denjenigen Gruppen besonderen Schutz zu gewähren, die sich selbst am wenigsten durch eigenes Zutun schützen können (alte, kranke und behinderte Personen, Kinder und Jugendliche, Personen in geschlossenen Einrichtungen – Altenheime, geschlossene psychiatrische Einrichtungen, Justizvollzugsanstalten etc.).

  • Wir sollten uns nicht mit gegenseitigen Vorwürfen zusätzlich belasten! Die Belastung durch das Virus reicht.
  • Wir sollten uns nicht damit beschäftigen, wie wir Lock-down-Auflagen umgehen oder unterlaufen können! Es reicht nicht aus, wenn wir nur dafür sorgen, nicht erwischt zu werden.
  • Wir sollten jeden freiwilligen Beitrag unterstützen und anerkennen, der eine Übertragung des Virus weniger wahrscheinlich macht!
  • Wir sollten uns nicht nur darauf beschränken, das zu tun bzw. zu unterlassen, was der Gesetz- und Verordnungsgeber uns vorschreibt; jeder Beitrag, der über die Regeln hinaus geht und dem Ziel der Verhinderung einer Virusübertragung entspricht, ist ein wichtiger Beitrag jedes einzelnen Mitglieds unserer Gesellschaft!
  • Wer sich in der Krise zu Lasten der besonders betroffenen oder belasteten Gruppen einen unberechtigten oder unangemessenen Vorteil verschafft oder versprechen lässt, kann nicht mit unserer solidarischen Unterstützung rechnen. Plünderung in der Krise ist ein schweres Verbrechen.

Zum Weiterlesen: (n-tv.de) Drosten befürchtet bis zu 100.000 neue Fälle pro Tag

Die Zeit drängt – wie hoch ist das Risiko?

Mit meinen drei Beiträgen (vom 08.01.2021, 10.01.2021 und 12.01.2021) habe ich auf das Thema Nuclear Football und die Möglichkeit, dass Trump in den letzten Tagen seiner Amtszeit den Einsatz von Nuklearwaffen anordnen könnte, hingewiesen.

Auf meinen ersten Beitrag vom 08.01.2021 hatte ich 43, mir persönlich bekannte Menschen, die ich als zeitkritische Personen einschätze, am 09.01.2021 per Mail von meiner persönlichen Mailadresse hingewiesen. Mit dieser Mail hatte ich die Frage verbunden:

Realistisch oder Verschwörungstheorie-verdächtig?

Außer zahlreichem Spam habe ich bisher fünf Antwortmails – alle am 09.01.2021 – mit konkretem Bezug zum Thema und zwei Rückmeldungen in einem persönlichen Gespräch erhalten. Ob die anderen Personen meine Hinweis-Mail zur Kenntnis genommen haben, den Beitrag gelesen haben und ob sie sich gegebenefalls mit der Thematik befasst haben, kann ich nicht feststellen.

Bis zum geplanten Termin der Vereidigung des neuen Präsidenten am 20.01.2021 haben alle Beteiligten noch drei Tage Zeit.

Bisheriges Ergebnis der Befragung:

Die Rückmeldeausbeute liegt also nach einer Woche bei 7/43 = 16,3%.

Von den Befragten und den Antworten war das Verhältnis

  • Frauen / Männer: 33/67 % (Befragte) – 0/100% (Antworter)
  • Zu meiner Familie gehörig (Verwandschaft 1. oder 2. Grades) / nicht zur Familie gehörig: 19/81% (Befragte) – 29/71% (Antworter)
  • Akademischer Bildungsabschluss: 58%, unbekannt oder nicht vorhanden 42% (Befragte) – 71%/29% (Antworter)
  • Länger / kürzer als 20 Jahre Bekanntschaft: 72/28% (Befragte) – 86/14% (Antworter)

Von den Rückmeldern halten 3 Personen (43%) einen kurzfristigen, durch Trump angedrohten oder angeordneten Nukleareinsatz für ausgeschlossen oder unrealistisch; 4 Pesonen (57%) halten diese Möglichkeit für denkbar oder realistisch; drei Personen (43%) drücken Ihre Beunruhigung bei diesem Gedanken aus.

Weitere Statisik folgt, wenn weitere Antworten in den nächsten Tagen eingehen.

In drei Tagen wird sich die Frage erledigt haben, entweder

  • durch Rückgabe des Atomkoffers durch Trump (bzw. durch Deaktivierung des Koffers) und Weitergabe des Koffers an Biden im Kontext dessen Vereidigung
  • durch Anordnung eines Nukleareinsatzes durch Trump
  • durch Fortsetzung der Präsidentschaft Trumps nach Erklärung des Verteidigungsfalles und Verhängung des Kriegsrechtes
  • oder durch Fortsetzung der Präsidentschaft Trumps über den 20.01.2021 hinaus nach Verhinderung der Vereidigung des neuen Präsidenten auf anderen Wegen

Wer glaubt, das Thema sei ‚vom Tisch‘ könnte sich irren. T-online.de berichtet heute:

Zweifel an Zurechnungsfähigkeit –   Donald Trump und das Problem mit dem Atomkoffer

Fr.de (Frankfurter Rundschau) titelt heute:

Donald Trump hat keine Lust auf Biden und trägt bei Abschiedsfeier Atomkoffer bei sich (…)

(…) Washington D.C. – Donald Trump, abgewählter US-Präsident, hat keine Lust auf die Amtseinführung seines demokratischen Nachfolgers Joe Biden. Er verzichtet auf die alten Gepflogenheiten und will vielmehr, dass alle Kameras auf ihn gerichtet sind.

Mehrere US-Medien, darunter die „Washington Post“ und der konservative Sender „Fox News“, meldeten unter Berufung auf Regierungskreise, Donald Trump wolle das Weiße Haus und Washington am Mittwochmorgen (20.1.2021) Richtung Florida verlassen – kurz bevor Joe Biden in der Bundeshauptstadt vor dem Kapitol vereidigt werden soll. (…)

FR.de vom 17.01.2021

Es scheint zu stimmen, … lt. t-online:

Befehl des Präsidenten kaum zu stoppen

Wenn der Präsident jedoch entschieden hat – unabhängig davon, ob nach langer Überlegung oder in einer Art Wutanfall – können „weder das Militär, noch der Kongress diese Befehle aufheben“, wie es in einem im Dezember veröffentlichten Bericht des Forschungsdienstes des US-Kongresses über die Atomwaffenkontrolle heißt.

Die einzige Einschränkung für den US-Präsidenten ist in diesem Fall die Legalität des Angriffs. Das Kriegsrecht würde es einem Militärangehörigen erlauben, einen Befehl zu verweigern, wenn er diesen für unrechtmäßig hält.

Zwei Minuten von Befehl bis Abschuss

Der Ablauf eines Atomwaffeneinsatzes sähe normalerweise so aus: Der Präsident entscheidet sich zu einem nuklearen Angriff und berät sich mit den Militärchefs. Im Atomkoffer findet er die verschiedene Optionen für einen Angriff und die Kommunikationsmittel, diesen offiziell zu befehlen. Mithilfe des „Biscuits“, der eigenen Code-Karte des Präsidenten, identifiziert er sich dann als Oberbefehlshaber.

Der Angriffsbefehl wird an das Strategische Kommando der US-Streitkräfte weitergeleitet, wo ein Offizier bestätigt, dass der Befehl vom Präsidenten kommt. Nach dem Befehl kann der Abschuss einer bodengestützten Rakete mit nuklearem Sprengkopf innerhalb von zwei Minuten erfolgen; bei einer U-Boot-gestützten Rakete innerhalb von 15 Minuten.

Ich bin nicht der Meinung, dass Trump unzurechnungsfähig ist. Ich vermute aber, dass Trump Absichten verfolgt und konsequent danach handelt, die sich außer ihm selbst niemand wünscht.

Wieviel Zeit bleibt zum Überlegen und zum Handeln?

Für Trump, Pelosi, Pence, Biden und die restliche Weltbevölkerung.

Ich hoffe, dass wir am 21.01.2021 sagen können: War doch nichts.

Ist Trump dumm oder schlau – oder einfach nur vernünftig?

Über diese Frage habe ich in den letzten Jahren mit verschiedenen Leuten diskutiert. Leider ist es bisher keinem Sterblichen gelungen, dem Amerikanischen Präsidenten (oder irgend einem anderen Zeitgenossen) in den Kopf zu schauen. Ob diese Frage mit einem Intelligenztest zuverlässig zu beantworten ist, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls wird Trump sich einem solchen Test freiwillig mutmaßlich nicht unterziehen … und der Rest der Weltbevölkerung setzt die Spekulationen über diese Frage unentwegt fort. Womit soll man sich denn sonst auch die Zeit vertreiben.

Vor gut drei Jahren gab es eine sehr kontroverse Diskussion um die Frage, ob Trump unter einer psychischen Störung mit Krankheitswert leide. Verschiedene amerikanische Fachgesellschaften haben sich zu dieser Frage sehr kontrovers geäußert und um Sinn oder Unsinn der Goldwater-Regel gezankt. In meiner Hilflosigkeit habe ich mich auch an dieser Diskussion mit einem Beitrag (vom 09.10.2017, geringfügig überarbeitet am 09.05.2018) beteiligt.

Wer nichts anderes zu tun hat, kann ja mal nachlesen: Ist Trump verrückt?

Diese Diskussion ist mittlerweile im Sande verlaufen und hat zu keinerlei Lösung irgendeines Problems geführt. Trump ist so wie er ist und so ist das. Punkt. Er wäre sogar fast wieder gewählt worden – und wenn man ihn selbst reden hört, hat er die Wahl ja auch mit überwältigender Mehrheit erdrutschartig gewonnen.

Dass er einfach nur dumm ist kann ich nicht wirklich glauben, dass er aber besonders schlau ist auch nicht. Das ist wirklich eine dumme Sache!

Jedenfalls halte ich ihn nicht für zu dumm, um mit seinem Nuclear football herum zu spielen. Und ich glaube auch nicht, dass er so dumm ist zu glauben, dass das Ding nicht funktioniert.

Ich nehme zur Kenntnis, dass er schlau genug ist, sehr genau zu wissen,

  • wie man 74,22 Millionen Personen dazu bringen kann, ein Kreuzchen auf einem Wahlzettel vor den Namen Trump zu setzen, obwohl …
  • wie man die Deutsche Bank dazu bringen kann, ihm ca. 300.000.000 Dollar zu leihen, obwohl nicht damit zu rechnen war, dass er das Geld freiwillig zurückzahlt
  • wie man am laufenden Band Minister von ihren Posten entfernt und immer wieder Leute findet, die sich auf diese Schleudersitze setzen
  • wie er Herrn Kim Jong Un aus Nordkorea als seinen Freund bezeichnen kann („Eine Freundschaft, die scheinbar alles übersteht„) und diesen Freund dazu bringt, 12 Tage vor dem Ende seiner Präsidentschaft zu verkünden „USA größter Feind (…) Die USA besiegen“ …Kim Jong Un droht USA mit neuen Atomwaffen… (09.01.2021)
  • wie er bestimmte Personen dazu bringt, ihm eine Vorlage zu liefern, so dass er so tun kann, als hätte er nichts gesagt und nicht gewusst
  • dass er nach dem Auszug aus dem Weißen Haus länger als Beschuldigter in Gerichtssälen sitzen muss, als auf Golfplätzen mit kleinen Bällchen spielen zu dürfen
  • dass er mutmaßlich jetzt schon weiß, wer ihm im Ernstfall Asyl gewähren wird und wann es tunlich ist, sich aus dem Staub zu machen
  • ( …)

Ich behaupte, Trump ist weder besonders dumm noch besonders schlau. Er ist aber extrem zielstrebig und kompromisslos in der Verfolgung seiner eigenen Ziele und Strategien und er kommuniziert und handelt in diesem Sinne extrem ‚vernünftig‘. Und er schafft es, viele schlaue und vernünftige Zeitgenossen dazu zu verführen, ihn für saublöd und unvernünftig zu halten und die ihn deshalb in seiner Delinquenz grob unterschätzen.

Oft wird behauptet, Trump habe kein Konzept. Ich behaupte, er hat ein ganz klares – einfach gestricktes – Konzept, um seine eigenen Ziele zu Lasten anderer zu erreichen, aber er verrät es keinem oder er behauptet das Gegenteil. Das ist ein wesentlicher Bestandteil dieses Konzeptes. Viele Leute glauben es einfach nicht, weil sie dieses simple Konzept einfach nicht wahrhaben wollen.

Die anderen haben es verstanden und finden es genial; und dafür muss man nicht besonders schlau sein – aber auch nicht all zu dumm.

Ich würde dieses Konzept mit der Überschrift überschreiben:

„Ausbeutung in Reinkultur ohne Rücksicht auf Verluste“

„America first“ ist die untrügliche Kurzformel dieses Konzeptes und sie bedeutet genauer „Wir zuerst“ oder noch genauer „Ich zuerst“ und im Übrigen:“Ich bin doch nicht blöd“.

Die Hälfte der amerikanischen Wähler hat das einfache Muster verstanden.

Die Dummheit vieler Zeitgenossen besteht vielleicht in der unbeugsamen Annahme, dass ein (gewählter) Politiker ein politisches Konzept im Interesse seiner Untertanen haben müsse, und dass ein Politiker das sagt, was er denkt. Die Illusion, dass ein Politiker das denkt was er sagt, halte ich für einen tragischen Trugschluss. Ein Politiker hat nur Erfolg, wenn er ständig darüber nachdenkt, wie er Wählerstimmen einfangen kann, denn wenn er nicht genug Wählerstimmen bekommt, wird oder bleibt er kein Politiker. Auch ganz einfach. Punkt.

Es wäre vielleicht schlauer anzunehmen, dass sehr viele Politiker (oder wahrscheinlich alle Kandidaten, die sich zu irgendeiner Wahl stellen) ganz andere Motive haben, als die, die ihre Wähler sich wünschen.

Nuclear Football – der Atommkoffer des Präsidenten …

Hier und hier Bilder und eine Beschreibung der Funktion des sog. Atomkoffers des Amerikanischen Präsidenten (Nuclear Football) Quelle: Wikipedia

Der Nuclear Football ist ein mobiles Lagezentrum, das es dem Präsidenten ermöglicht, sich an jedem Ort der Welt und zu jeder Zeit über die Situation im Falle einer substantiellen Bedrohung der nationalen Sicherheit zu informieren, Optionen zur Verteidigung sowie etwaige Angriffspläne durchzugehen und erforderlichenfalls Befehle zur Durchführung von Militärschlägen, einschließlich des Einsatzes von Kernwaffen, zu geben. Nach Meinung von Experten würde sich der Präsident im Fall der Fälle zusammen mit dem für den Nuclear Football verantwortlichen Adjutanten zurückziehen, um den Koffer zu öffnen. Der Adjutant würde in Folge eine Telefonkonferenz mit dem US-Verteidigungsminister sowie dem Vorsitzenden der Joint Chiefs of Staff (JCS) initiieren und den Präsidenten bei der Analyse der Lage beraten, sowie etwaige Angriffspläne anhand des „Black Books“ für den Präsidenten erläutern.[9] Entsprechende Befehle („Go Codes“) würden dann, nachdem sich der Präsident mit Hilfe seiner persönlichen Autorisierungscodes („Gold Codes“) identifiziert hat, an den Vorsitzenden der Joint Chiefs of Staff (JCS) im National Military Command Center (NMCC) weitergegeben und von diesem an die ausführenden Offiziere.[10] Nur der Präsident kann den Einsatz von Nuklearwaffen anordnen.

Der „Nuclear Football“ wird von einem der fünf (einer für jede Teilstreitkraft) Adjutanten des Präsidenten getragen, der sich stets in unmittelbarer Nähe des Präsidenten aufhält, solange dieser außerhalb des Weißen Hauses ist. Die Adjutanten sind Offiziere des US-Militärs der amerikanischen Besoldungsgruppe O-4 (entspricht NATO-Rangcode OF-3 oder Major) oder höher. Alle Adjutanten haben die umfassendste Sicherheitsüberprüfung der USA durchlaufen (Yankee White[11]) und sind immer bewaffnet.

In ersten Rückmeldungen zu meinem Beitrag „Sorge vor möglichem Atomschlag durch US-Präsidenten“ wurde z. B. geäußert

“ … ich vermute das es mit dem Atomkoffer etwas komplizierter ist, man muss ihn nicht einfach öffnen und auf den roten Knopf drücken und rums !  fliegen die Atomraketen los. (…)“

Da ist wahrscheinlich etwas dran.

Allerdings:

Das Konzept der Nuklearen Abschreckung, auf dem die nukleare Hochrüstung (Nulearer Overkill) beruht, funktioniert (mutmaßlich) nur, wenn der ‚Angreifer‘ schneller ist als der ‚Verteidiger‘. Vielleicht sind die Atomwaffen, von denen gelegentlich gesprochen wird, auch nur wirkungslose Attrappen – ich hab offen gesagt auch noch keine mit eigenen Augen gesehen und auch noch nicht gesehen, wenn so ein Ding explodiert. Allerdings sehe ich zurzeit keine Veranlasung, mich auf die letztgenannte Hypothese zu verlassen.

Wenn das mit dem nuklearen Abschreckung tatsächlich funktionieren soll, dann hat der Angreifer einfach nicht mehr Zeit, über einen Überraschungsangriff (öffentlich) zu diskutieren und diesen zu ‚organisieren‘ als der anzugreifende ‚Verteidiger‘ seinerseits, einen präventiven Gegenangriff zu organisieren und auszuführen. Das hängt natürlich auch von vielen anderen Faktoren (geografische Lage, Entfernung des Angriffsziels, Geschwindigkeit der Trägersysteme, Möglichkeiten, einen zweiten Nuklearschlag – z. B. über andere Standorte oder U-Boote – auszuführen etc.) ab. Das hat die Folge, dass ein Angriff mit Atomwaffen nicht Gegensand einer längeren innenpolitischen Diskussion sein kann. Die militärischen Entscheidungs- und Befehlsketten müssen kürzer sein als die des strategischen Gegners. In diesem Kontext geht es nicht um Tage, sondern nach meinen Informationen um die zeitliche Kategorie von wenigen Minuten. Und es ist wichtig, den Gegner mit allem verfügbaren Mittel zu täuschen, damit es ihn dann trifft, wenn er nicht damit rechnet. Ich bin sicher, dass die aktuellen Vorgänge in den USA von den ausländischen Militärstrategen aufmerksam beobachtet werden.

Das ist wohl auch der Grund, warum der Amerikanische Präsident (unabhängig davon, wie der aktuelle Oberbefehlshaber des US-Streitkräfte heißt) außerhalb der Weißen Hauses ständig ‚auf Schritt und Tritt‘ von einem der fünf Adjutanten mit dem Nuclear Football begleitet wird, denn jede verlorene Minute bedeutet u. U. ein fatales Sicherheitsrisiko.

Die entscheidende Frage ist, ob – wenn der Präsident auf dumme Gedanken kommt – es innerhalb dieser kurzen, streng geheim zu haltenden Befehlskette realistisch ist, dass diese von einem Befehlsverweigerer – lang genug – unterbrochen werden kann. Aktuell also zum Beispiel so lange, bis ein Amtsenthebungsverfahren mit Erfolg durchgeführt worden ist. Wie lange so etwas dauert und wie sicher der Erfolg ist haben wir ja schon einmal erlebt. Na ja, in Tagesschau.de wird heute (09.01.2021 23:27) berichtet: Die US-Demokraten wollen schon am Montag ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Trump auf den Weg bringen.

Selbst wenn einer oder mehrere der in dieser Befehlskette verantwortlichen Personen öffentlich behaupten, im Zweifelsfalle den Befehl des Präsidenten zu verweigern, stellt sich die Frage, was mit diesen Befehlsverweigerern passiert, wenn es denn passiert und sie tatsächlich den Befehl verweigern. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass man im Pentagon für diesen Fälle nicht vorgesorgt hat und dass es für solche Engpässe und Stauungen in der Befehlskette keine ‚Umgehungsstraßen‘ gibt.

Nach meiner Auffassung gehört es zur strategischen Kriegsführung unabdingbar dazu, mit ‚Pokerface‘ das Gegenteil von dem zu behaupten, was man tatsächlich vorhat – und zwar so, dass der Gegner es mit hoher Wahrscheinlichkeit auch noch glaubt. So etwas soll tatsächlich schon einmal vorgekommen sein. (Das habe ich als Kind schon gelernt, bei Versteckspiel zum Beispiel und später beim Skatspielen – und ich vermute, dass diese Vorgehensweise an der Börse und in der Finanzwirtschaft zum kleinen Einmaleins gehört. Das erstaunliche ist, dass auch sog. Experten immer wieder auf diesen Trick reinfallen.)

Man kann natürlich auch die Meinung vertreten, dass – selbst wenn es funktionierende Nuklearwaffen tatsächlich gibt – das ganze Konzept der nuklearen Abschreckung heutzutage im sog. Ernstfall gar nicht funktioniert. Leider – oder besser zum Glück – gibt es dazu aber noch weniger empirische Evidenz als mit dem ‚Angriff‘ durch das ’neuartigen‘ Coronavirus.

(Ich weiß, dass jeder Vergleich hinkt; das Gemeinsame des nuklearen Overkills, des Covid-19-Virus und der Klimaerwärmung ist aber, dass bei der Beurteilung des Bedrohungspotentials die Meinungen der Fachleute, der politischen Meinungsführer und der ‚Normalverbraucher‘ sehr weit streuen.)

Ich würde mich einfach nicht freuen, wenn man die Funktion der Befehlsketten vom Nuclear Football bis zur Zündung der ersten Nuklearwaffe in der Praxis – mit welcher Begründung auch immer – ausprobieren würde, auch wenn der Erkenntnisgewinn einer solchen Evaluation gewisse Vorteile bieten würde.

PS: Zeit.de titelt heute am 09.01.2021 um 04:00 Uhr: Nordkorea will Atomwaffenprogramm ausbauen – „USA größter Feind“:

Kim Jong Un will das Arsenal des Landes an Atomwaffen vergrößern und neue Raketen testen. Für die nordkoreanische Außenpolitik gibt er das Ziel vor: „Die USA besiegen.“

Warum denn gerade heute? Wenn das keine Steilvorlage für Trump ist, sich mit den Möglichkeiten seines Nuclear Footballs näher zu beschäftigen.

Aber sorry, von Fußball habe ich wirklich keine Ahnung, ich tue nur so als ob …

Sorge vor möglichem Atomschlag durch US-Präsidenten

Focus.de meldet heute (08.01.2021): 

Pelosi droht Trump mit Amtsenthebungsverfahren –

… , denn jetzt wird man in Washington plötzlich nervös …, aus “ Sorge vor möglichem Atomschlag durch US-Präsidenten „.

Obwohl oder gerade weil Donald Trump schon in 12 Tagen den Atomkoffer an Joe Biden abgeben muss?

Trump und Pelosi haben nur noch wenige Tage Zeit.

Ob es Pelosi schafft, ihre Drohung in die Tat umzusetzen, darf bezweifelt werden

Wahrscheinlich ist ein ’nuklearer Notstand‘ und die damit verbundene Erklärung des Kriegsrechts Trumps letzte Möglichkeit, seine Macht zu retten und sich vor einer Inhaftierung als Nicht-mehr-Präsident zu schützen. Was sollte ihn davon abhalten, sich auf diese Weise zu retten? Alle anderen Versuche haben zuletzt nicht mehr funktioniert.

Trump hatte vor einigen Tagen seinen kurz vorher selbst begnadigten Freund Michael Flynn vorgeschlagen lassen, das Kriegsrechts zu erklären. Dass Trump diesem Vorschlag widersprochen hätte, ist mir bisher nicht bekannt geworden.

Nordkorea wäre z. B. eine interessante Option für ein solches Kriegsspiel, und diese Möglichkeit hat Trump vorsorglich schon vor längerer Zeit gut vorbereitet. Es gibt aber auch noch andere Anlässe für eine militärische Überraschungsintervention; an Krisenherden mangelt es zur Zeit jedenfalls nicht.

Die Selbst-Begnadigung ist dagegen für Trump eine viel unsicherere Angelegenheit.

Trump hat ja noch nicht aufgegeben und seinen Abgang aus dem Weißen Haus glaubhaft akzeptiert. Er deutet ja immer wieder an,

… da kommt noch etwas …

Weiter schreibt Focus.de:

Die Vorsitzende des US-Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, hat nach eigenen Angaben mit dem US-Generalstabschef besprochen, wie Präsident Donald Trump in seinen letzten Tagen im Amt von einem möglichen Atomangriff abgehalten werden kann. Sie habe mit Mark Milley beraten, wie verhindert werden könne, dass „ein instabiler Präsident militärische Kampfhandlungen einleitet oder auf die Abschusscodes zugreift und einen Atomschlag befiehlt“, erklärte Pelosi am Freitag in einem Schreiben an die demokratischen Abgeordneten.Nancy Pelosi dpa/J. Scott Applewhite/AP/dpa Nancy Pelosi, Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, hält eine Pressekonferenz im US-Kapitol.

Pelosi unterstrich erneut die Bereitschaft des US-Kongresses zu „handeln“, falls Trump nicht „sofort und freiwillig“ abtrete oder von Vizepräsident Mike Pence und dem Kabinett für amtsunfähig erklärt werde.

Seit der Erstürmung des Kapitols in Washington durch militante Trump-Anhänger am Mittwoch steht der abgewählte Amtsinhaber massiv unter Druck. Erst nach langem Zögern verurteilte Trump am Donnerstag die Gewalt in Washington und rief das Land zur „Versöhnung“ und „Heilung“ auf. 

Trump wird vorgeworfen, für den Gewaltexzess mitverantwortlich zu sein, nachdem er seine Anhänger bei einem Auftritt in Washington mit unbelegten Wahlbetrugs-Vorwürfen angestachelt und zum Marsch auf das Kapitol aufgerufen hatte. Die Demokraten fordern deshalb, Trump noch vor dem Amtswechsel im Weißen Haus abzusetzen.

Sehr erstaunlich, oder besser gesagt bestürzend, dass man in Washington erst jetzt auf diese Idee gekommen ist, denn vielleicht ist es jetzt schon zu spät, diesen Fall sicher zu verhindern.

Den Gedanken, “ … das kann doch nicht wahr sein … “ hatte ich in den letzten vier Trump-Jahren fast täglich. Doch mit meinen Befürchtungen habe ich selten völlig falsch gelegen.

Vor dreieinhalb Jahren hatte ich die Befürchtung, dass Trump zum ‚roten Knopf‘ greifen könnte schon gehabt. Nachzulesen unter: “ Wie soll es weiter gehen, wenn Trump merkt, dass ihm die Felle weg schwimmen?

In meinem Beitrag vom 22.07.2017 hatte ich geschrieben:

….Dann könnte Trump ohne lange Diskussion eine kaum beherrschbare außenpolitische ‚Notoperation‘ in Gang setzen. Mit diesem Zaunpfahl hat er ja schon vor einiger Zeit gewunken. Dann wären leicht die Voraussetzungen für einen politischen Ausnahmezustand auch in den USA herzustellen – und dann könnte Trump innenpolitisch auf seine Gutsherrenart ‚aufräumen‘, ohne sich an irgendwelche Gesetze und Regeln zu halten. …

und am 11.08.2017 schrieb ich unter der Überschrift:

Der ‚Nuclear Football‘ könnte bald zur Anwendung kommen

Ich hatte immer die Vermutung und Hoffnung, dass die Administration eine gewisse stabilisierende und gegebenenfalls korrigierende Funktion hat, wenn der Präsident über die Stränge schlägt. Wenn das nicht so ist, dann ist das wohl ein entscheidender Risikofaktor in den amerikanischen Befehlsketten. Also schwindet die Hoffnung, dass es jemanden gibt, der Trump ausbremsen kann, wenn er aus einer Laune heraus auf den ‚roten Knopf‘ drückt. Das kann er wohl jederzeit, denn einer der fünf Adjutanten mit dem ‚Nuclear Football‘, dem Koffer mit den entsprechenden Autorisierungscodes zur Initialisierung des Nuklearfalles, begleitet den Präsidenten jederzeit und überall hin. Dass Trump eine solche Laune beschleichen kann, damit ist wohl zu rechnen. Jedenfalls spricht er davon. Aber er spricht sich – auch in anderen Angelegenheiten – oft mit niemandem ab – schon gar nicht mit Leuten, die ihm widersprechen könnten.

Dass Trump in der jetzigen Situation einfach nur ‚kopflos durchdrehen‘ könnte, ist die eine Möglichkeit. Die andere, aber wahrscheinlichere ist, dass Trump diese Strategie als ‚Plan B‘ für seine eigene Rettung schon seit Anfang seiner Präsidentschaft in der Schublade hatte und einfach nur gut vorgesorgt hat. Vielleicht ist diese Option der ‚Lebensversicherung‘ für sich und seine Familie auch der wichtigste Grund für ihn gewesen, das Präsidentenamt anzustreben.

Schon wieder wünsche ich mir, nicht recht (gehabt) zu haben.

Trump wird irgendwann gewissermaßen einfach verschwinden …

…. und zwar voraussichtlich noch vor Covid-19. Es sei denn, Trump ließe sich in den nächsten Tagen noch etwas einfallen. Nicht nur das „China-Virus“ Covid-19, auch Trump ist gut für Überraschungen, mit denen keiner gerechnet hätte.

Vielleicht steigt Trump aber kurz vor der Vereidigung von Biden einfach nur mit seinem Nuclear Football in seine Air Force One und fliegt nach Moskau, wo ihm ja schon politisches Asyl angeboten worden sein soll. Und Trump könnte sein Flugzeug und den Fußball ja Putin zur Überraschung als Gastgeschenk gleich dalassen. Da würde Putin sicher nicht нет Спасибо [nein danke] sagen.

Die Frage ist, ob dann das „Amerika-Virus“ AMERIKA FIRST seine Virulenz verlieren würde.

Viellecht gibt es irgendwann einen Impfstoff gegen

AMERIKA FIRST-Trumpismus.

Wer weiß, wie lange es dauert, bis ein solcher Impfstoff zulassungsreif ist.

Eine Entscheidung im europäischen Geist

Titelt die Sueddeutsche.de .

“ … Dass Angela Merkel und Jens Spahn das Vakzin [den Corona-Impfstoff der deutschen Firma Biontech] nicht im Alleingang besorgt haben, war trotzdem richtig. (…)“

Ein Lichtblick in der politischen Kultur, mit dem ich noch im letzten Jahr nicht gerechnet hätte. Endlich einmal eine Nachricht im beginnenden Neuen Jahr 2021, die den Hoffnungsschimmer erahnen lässt, dass es eine

Alternative zum „… Ich / Wir zuerst …“

ausgerechnet auch noch von Seiten der Politik gibt.

Und noch besser: Merkel und Spahn verzichten auf Bibelzitate oder verlogene Weihnachtsversprechen, obwohl die beiden der für mich bisher unwählbaren Partei angehören, die mit dem Buchstaben ‚C‘ beginnt.

Allerdings besorgt mich die Kritik an diesem Entscheidungstenor von den grauenvollen Ego-Proleten und intellektuellen Trittbrettfahrern in der deutschen Population.

Vielleicht lag ich mit meiner skeptischen Prognose vom Juni 2020: „Corona-Impfstoff – wann?“ daneben. Ich hoffe, dass meine Einschätzung zu pessimistisch war.

Wenn Merkel und Spahn sich nicht von dieser Linie abbringen lassen und sich im europäischen Raum damit durchsetzten können, dann kommt es vielleicht besser, als ich es mir im letzten Jahr vorstellen konnte.