Covid-19 und der Irrgarten der Zahlen

Die in Umlauf befindlichen Zahlenangaben im Zusammenhang mit der Corona-Krise sind oft schwer zu durchschauen.

Um die Lage einigermaßen zu verstehen und um sich eine belastbare eigene Meinung zu bilden kommt man nicht umhin, sich mit den Fehlermöglichkeiten statistischer Angaben vertraut zu machen.

Viele Statistiken sind schlecht dargestellt; oft fehlen wichtige Angaben zu den Quellen, Ausgangsbedingungen und Berechnungsmethoden. Manche Angaben beruhen auf unzuverlässigen Schätzungen; oft werden ‚Äpfel mit Birnen verwechselt‘.

Manche Statistiken sind falsch, weil sie handwerklich schlecht erstellt und aufbereitet sind; manche sind aber auch deshalb falsch, weil sie systematisch gefälscht oder manipuliert sind, weil mit den gefälschten Ergebnissen ideologische, politische oder wirtschaftliche Interessen verfolgt werden.

Hier ein paar Anregungen zum besseren Verständnis der Zahlenakrobatik:

Wichtig ist zu berücksichtigen,

  • auf welche Region bzw. welches Land sich die Angaben beziehen
  • Ob sich die Angaben auf eine bestimmte Altersgruppe oder eine andere Subgruppe einer Population beziehen – um zu beurteilen, ob die Schlussfolgerungen und Feststellungen als ‚repräsentativ‘ anzusehen sind
  • ob von „infizierten“, „erkrankten“, „infektiösen“, „geheilten“ oder „genesenen“ Personen die Rede ist und/oder ob zwischen diesen Gruppen unterschieden wird
  • ob sich die Angaben auf nachgewiesene / verifizierte Fälle (z. B. per PCR-Test oder durch eine andere anerkannte Untersuchungsmethode) oder auf Vermutungen, Schätzungen oder ‚Hochrechnungen‘ beziehen
  • ob von der Anzahl der getesteten Personen oder der Anzahl durchgeführter Tests die Rede ist – also ob Mehrfachtestungen derselben Personen berücksichtigt wurden
  • ob von „mit“ oder „an“ bzw. „wegen“ einer Covid-19 Infektion verstorbenen Personen die Rede ist
  • auf welches Zeitfenster (z. B. 7, 10, 14, 30 Tage) sich die Angaben beziehen – z. B. bei aktuell oder im Verlauf neu infizierten oder verstorbenen Personen
  • ob von absoluten Zahlen, Prozentangaben oder von Fällen bezogen auf eine bestimmte Anzahl von Personen der Population (z. B. pro 100.000 oder pro 1 Million Einwohner) die Rede ist
  • auf welche Quellen – glaubhaft unabhängige oder mutmaßlich von bestimmten Interessengruppen abhängige Ermittlungsstellen – (z. B. Regierungsangaben, Statistikbehörden, staatliche oder internationale Institute, ‚wissenschaftliche‘ Forschungsinstitute, private Statistikinstitute, Firmenangaben …) sich die Angaben beziehen
  • ob sich Autoren von Veröffentlichungen oder Posts die Mühe machen, auf die Quellen ihrer Aussagen hinzuweisen
  • ob beim Vergleich von Kennzahlen oder statistischen Angaben von identischen oder vergleichbaren Ausgangsbedingungen und den gleichen Berechnungsmethoden auszugehen ist
  • ob es sich bei den Schlussfolgerungen um methodisch sauber und seriös (!) recherchierte Ergebnisse, Tatsachenfeststellungen, Schätzungen und Prognosen handelt oder ob es um Mutmaßungen, Befürchtungen, Wunschdenken und ‚Gefühle‘, oder im Wesentlichen um die Verbreitung von Glaubenshaltungen und/oder die Diffamierungen ‚Andersgläubiger‘ geht.

Auf der Seite

Links / Links zur Information über die Covid-19-Entwicklung

findest du eine kleine Sammlung von verschiedenen vergleichsweise seriösen Quellen, die ständig aktualisiert werden. Die Seite der Johns Hopkins University ist die umfassendste und aktuellste Quelle für die internationale Entwicklung; allerdings ist diese Seite auf einem Smartphone kaum lesbar; man benötigt einen PC mit einem größeren Bildschirm und etwas Zeit, um die Möglichkeiten dieser Seite voll zu nutzen.

Im internationalen Vergleich sollte man berücksichtigen, dass die Bedingungen für die Ausbreitung des Virus in den jeweiligen Regionen einerseits und Ermittlungsmethoden der Zahlen andererseits sehr unterschiedlich sind. Schließlich sollte man an die unterschiedlichen Interessen der jeweiligen Landesregierungen denken. Manche Regierungen versuchen die Folgen der Pandemie ‚kleinzureden‘; manche zeigen mit dem Finger auf die anderen Länder, um von ihrer verfehlten eigenen Politik abzulenken. Grundsätzlich kann man sagen – Jeder Vergleich hinkt- die Frage ist nur wie stark.

Bei einem Vergleich sollte man z. B. folgende Unterschiede in den jeweiligen Regionen beachten:

  • die jahreszeitlichen und klimatischen Bedingungen (Nordhalbkugel oder Südhalbkugel des Globus)
  • die Altersstruktur der Region – z. B. Anteil der über 65-jährigen bzw. der unter 20-jährigen in der Bevölkerung
  • Verteilung der Bevölkerung im Land (Ballungsgebiete, Großstädte, dünn besiedelte Gegend); m. a. W. auf welcher Fläche verteilen sich die Menschen?
  • Leben die Menschen in dem Land überwiegend in geschlossenen Räumen oder ‚unter freiem Himmel‘?
  • Hygienische Bedingungen, Arbeitslosigkeit und Bildungsstand der Bevölkerung

Bei den Ermittlungsmethoden der statistischen Zahlen kommt es auf folgende Bedingungen an:

  • Mit welchen Methoden wird untersucht und getestet (Befragungen, körperliche Untersuchungen, PCR-Test, ‚Rapid-Test‘, Antikörper-Test)?
  • Wie häufig wird getestet? Werden manche Personen mehrfach getestet?
  • Werden nur Verdachtsfälle (Personen mit verdächtigen Symptomen) getestet oder werden (auch) repräsentative Tests mit symptomlosen Personen gemacht.
  • Werden überwiegend Subgruppen der Bevölkerung vorzugsweise getestet ?(Kinder, ältere Menschen, Menschen in geschlossenen Einrichtungen (Altersheime, Gefängnisse), Touristen, im Gesundheitswesen, im Bildungswesen oder in der Politik beschäftigte Menschen, Reiche oder arme Menschen zuerst …)
  • Handelt es sich um freiwillige oder unfreiwillige Testungen?
  • Was kosten die Untersuchungen und wer bezahlt die Testuntersuchungen (Regierung, Krankenversicherungen, die Testpersonen selbst)
  • Wie lange muss man auf die Testergebnisse warten?
  • Wer erfasst die gemeldeten Infektionsfälle und wie schnell werden diese Fälle weiter geleitet?
  • Gibt es Gründe in der Bevölkerung Testungen zu vermeiden (z. B. Ängste vor Diskriminierung und Ausgrenzung; religiöse oder ideologische Gründe oder einfach Armut)?
  • Gibt es Gründe in der Regierungsadministration, Testungen zu vermeiden (Misswirtschaft, Kosten, Vermeidung von Panikreaktionen – insbesondere vor Wahlen)?
  • Gibt es Gründe im Bereich der Testdurchführung (Testzentren, Ärzte, Krankenhäuser), eher häufig oder selten, oder mit bestimmten Schwerpunkten zu testen? Werden positive / negative Testergebnisse unterschiedlich vergütet?

Unter dem Strich kommt es darauf an, wie man das Risiko von ‚falsch positiven‘ und ‚falsch negativen‘ Ergebnissen einschätzt.

In der Zeit der Corona-Krise müssen wir neben der Unsicherheit gegenüber den Statistiken vorläufig mit vielen anderen Unsicherheiten leben:

  • Wie wird sich das unsichtbare Virus in Zukunft verhalten?
  • Wie verhalten sich die infizierten und nicht infizierten Menschen im Alltag?
  • Wie reagieren die Regierungen – national und International?
  • Welche Auswirkungen hat die Pandemie auf die verschiedenen Wirtschaftsbereiche?
  • Wann ist mit einem Impfstoff zu rechnen und wie verhalten sich die Menschen und die Regierungen, wenn tatsächlich ein sicherer und wirksamer Impfstoff zur Verfügung stehen sollte?

Wie werden wir künftig auf dem Globus zusammen leben, wenn wir damit rechnen müssen, dass solche Krisen jederzeit wieder auftreten können?