Impfpflicht – [?(?)?]²

Impfpflicht – ihihh – ekelhaft. So etwas soll man garnicht anfassen und dieses Wort schon garnicht in den Mund nehmen! Abstand halten von dieser Vorstellung – man könnte sich infizieren!

Trotzdem haben sich mache Medien an dieses Ekelthema drangetraut. Eine Talkshow mit Markus Lanz, Maybrit Illner & Co. jagte vor ein paar Wochen die andere, in der Poltiker, Fachleute in Sachen Epidemiologie, Juristerei und Ethik sowie andere Schlaunasen beteuerten, dass eine Impfpflicht jenseits des Denkbaren liege. – Tabuthema – Unvorstellbar und nicht auszudenken!

Entsprechend war die Ablehnung einer Impfpflicht in der Bevölkerung nach mehreren Umfragen:

(…) Einer Umfrage zufolge ist eine Mehrheit der Deutschen gegen eine allgemeine Impflicht gegen Corona. Allerdings sei der Anteil derer, die sich dagegen aussprechen, seit Ende Juni von 77 auf 63 Prozent gesunken, während der Anteil der Befürworter von 22 auf 34 Prozent gestiegen sei. Das teilte die Mediengruppe RTL auf Grundlage der von ihr beauftragten forsa-Umfrage am Donnerstag in Köln mit. (…)

Quelle : RND; 05.08.2021

Auch in anderen Ländern gehen die Meinungen zu diesem Thema weit auseinander – ebenso wie die Begründungen für oder gegen eine allgemeine bzw. berufsspezifische Impfpflicht.

Plötzlich änderte sich die Meinung der Befagten und der Mehrheit der Menschen in diesem Lande ins Gegenteil, soweit davon auszugehen ist, dass die diesbezüglichen Meinungsumfragen die Meinung der Mehrheit zuverlässig abbilden. Wie kommt das denn? Ist schon wieder ein Wunder geschehen?

Meldung vom 06.11.2021 (RT-DE) Deutschlandtrend – Tagesschau

Nein, an ein Wunder glaube ich nicht; ich vermute, dass die meisten meiner Zeitgenossen sich keine ernsthaften Gedanken darüber machen, welche Konsequenzen das ja oder nein zum Thema Impfpflicht nach sich zieht; es scheint nicht mehr komod zusein, einen Gedanken bis zum Ende durchzudenken und das unerbittliche Fortschreiten der Zeit dabei zu berücksichtigen. Es ist komfortabler, einen unangenehmen Gedanken einfach zu beenden und höchtens bis Morgen weiter zu denken und das Übermorgen dem Zufall, der Fügung Gottes oder der „Politik“ zu überlassen.

Ich könnte sagen, das Thema Impfpflicht betrifft ja nur die anderen, egal ob ich selbst bereits voll geimpft bin oder zu den militanten Impfgegnern gehöre. Hauptsache ‚back to normal‚ – und zwar möglichst bald.

Es nützt nichts, die Uhren zurück zu stellen. Nichts wird, wie es einmal war.

Dass die Delta-Variante des Coronavirus so schnell die ‚Herrschaft‘ (seit dem 27.09.2021 zu 100%) über die anderen Varianten gewonnen hat, hätte ich auch nicht gedacht;

dass diese Virus-Variante infektiöser als ihre Vorgänger ist, konnte auch keiner vorher genau wissen, aber auf das Risiko wurde von Seiten der Wissenschaftler immer wieder hingewiesen. Deshalb müssen wir uns mit dem Umstand abfinden, dass eine Impfquote oder Durchseuchung von 70% nicht zu der gewünschten bzw. vorher erwarteten Herdenimmunität führt. Dass die Schutzfunktion der Impfung im Laufe der Zeit nachläßt, war allerdings voraus zu sehen.

Die einzige Sicherheit, von der wir ausgehen können ist, dass die Delta-Variante nicht die letzte Überraschung in dem Corona-Theater ist:

Auf die Unsicherheit werden wir uns mittelfristig mit Sicherheit verlassen können.

Zurück zum Ekelthema ‚Impfpflicht‘: Ich bin nicht nur gegen eine Impfpflicht; ich bin auch gegen Schulschließungen, Lockdown, Zwangstestungen, Maskenpflicht und andere unpopuläre Maßnahmen ebenso wie gegen schlechtes Wetter; ich halte die vorgenannten Maßnahmen aber nicht nur für sinnvoll, sondern – je nachdem, wie sich die Lage entwickelt – für alternativlos. Keine dieser Maßnahmen ersetzt eine andere und keine erledigt alleine für sich die derzeige Krisenzuspitzung, sondern nur eine konsequente Anwendung einer strategisch intelligenten Komposition von Maßnahmen.

Je unpopulärer solche politisch verordneten Maßnahmen sind, um so wichtiger ist deren Kontrolle; denn wenn sie nicht kontrollierbar sind, und wenn die Nichteinhaltung keine Konsequenzen hat, sind solche Maßnahmen wirkungslos. Dass Apelle bei einem Teil der Bevölkerung ins Leere gehen, müssen wir wohl oder übel zur Kenntnis nehmen; da helfen weder Bratwürste, noch Fakten oder gute Worte. Es reicht einfach nicht, wenn sich nur dreiviertel der Bevölkerung verantwortungsvoll verhalten.

Die Durchsetzbarkeit von Verantwortungsbereitschaft gegenüber gefährdeten und benachteiligten Personen ist m. E. ein grundlegendes Dilemma in unserem System der Freiheitlich demokratischen Grundordnung.

Die Mittel, die der Staat hat, um ein Verhalten zu sanktionieren, sind zunächst einmal das Strafrecht und das Ordnungsrecht: die Nichteinhaltung eines Gesetztes oder einer Rechtsnorm kann eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit sein. Für Sanktionen sind die entsprechenden Verfahren nötig, deren Vollzug in der Regel viel Zeit in Anspruch nimmt und nur mit großem Aufwand durchzusetzen ist. Er ist im Übrigen sehr viel schwerer, eine Unterlassung zu sanktionieren als eine Handlung, weil für die Unterlassung einer Impfung z. B. ein Tatzeitpunkt nicht bestimmbar ist; der Impfverweigerer kann also nicht ‚bei frischer Tat ertappt‘ werden. Und wann könnte man von einer Wiederholung einer Normenverletzung durch fortgesetzte Unterlassung sprechen?

Dennoch werden wir voraussichtlich um einen Impfzwang nicht herumkommen, mit welchen Mitteln auch immer dieser Zwang durchgesetzt wird. Denn die anderen Maßnahmen wie z. B. ein hochfrequenter Testzwang als Voraussetzung für die Teilnahme an sozialen Aktivitäten ist auf die Dauer nicht nur sehr aufwändig und teuer, sondern diese Maßnahme macht nur Sinn, wenn die Durchführung jeder Testung auch konsequent kontrolliert, nachverfolgbar registriert und dokumentiert wird.

Die Schwierigkeit der Durchsetzung einer solchen Kontrolle kann man zum Beispiel daran erkennen, dass z. B. bislang der Impfsstatus (geimpft oder nicht geimpft) der Intensivpatienten derzeit nicht systematisch erfasst wird, …

Bei vielen Intensivpatienten werde der Impfstatus derzeit nicht erfasst, weil einzelne Schritte in der bisherigen Meldekette nicht funktionierten, sagte [der Grünen-Gesundheitspolitiker] Dahmen. „Bislang fehlen schlicht Daten.“ Er gehe davon aus, dass die Umstellung auf eine tagesgenaue Meldung spätestens bis Ende des Jahres umgesetzt sein wird.

n-tv.de vom 13.11.2021

… und dass die Umstellung auf eine tagesgenaue Meldung voraussichtlich noch 6 Wochen in Anspruch nehmen wird. Diese Zeit wird benötigt, obwohl die Intensivstationen ohnehin diese Daten erheben, jeden Tag eingehende Labordiagnosik betreiben und mit dem DIVI-Register vernetzt sind.

Die Folge der Schwierigkeiten der Datenerfassung durch Datenschutzhindernisse und fehlende technische Ausstattung sind u. a., dass auch die Statistiken des RKI nicht durchgängig zuverlässig sind.

Die Registrierung des Impfstatus, der einschließlich eine Booster-Impfung nur aus drei zu registrierenden ‚Ereingnissen‘ besteht, könnte noch einigermaßen praktikabel sein; die Nachverfolgung der Testhistorie von Impfgegnern bei allem denkbaren Testanlässen ist doch von vorneherein zum Scheitern verurteilt, denn die Community der Impfgegner dürfte kreativ genug sein, sich gegen eine solches Datenmonster zur Wehr zu setzen.

Mit diesem Beitrag möchte ich nicht den Eindruck erwecken, dass ich für das erreichen einer Herdenimmunität eine einfache Lösung in der Schublade hätte. Allerdings finde ich es auf die Dauer sehr bedrückend, dass die politischen Gremien über die strategische Bewältigung solcher voraussehbaren Herausforderungen erst anfangen nachzudenken, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist.

Erwischt – dumm gelaufen!

Zeit.de berichtet am 25.03.2021 unter der Überschrift: Ermittlungen gegen Arzt: Soll Familienmitglied geimpft haben:

Im Essener Corona-Impfzentrum soll ein Arzt nach Feierabend ein Familienmitglied heimlich mit übrig gebliebenem Restimpfstoff geimpft haben. Das teilte die Polizei am Donnerstag mit. Es werde geprüft, ob sich der 65-Jährige eines Diebstahls- oder Unterschlagungsdeliktes strafbar gemacht habe, hieß es in der Mitteilung. Er sei der kassenärztlichen Vereinigung gemeldet und für alle Impfzentren gesperrt worden. Bestätigte Impftermine seien nicht gefährdet worden, da er Rest-Impfstoff verwendet hatte.

Laut Polizei hatte der Arzt am Dienstagabend ein weibliches Familienmitglied in das bereits geschlossene Impfzentrum gelassen und geimpft, obwohl die Frau nach der offiziellen Priorisierung noch nicht geimpft werden durfte. Laut «Bild»-Zeitung handelte es sich um seine Ehefrau. Zwei weitere Personen sollten laut Polizei ebenfalls geimpft werden. Da andere Mitarbeiter aufmerksam wurden und den Chef des Impfzentrums informierten, sei dies gestoppt worden.

Zeit.de vom 25.03.2021

Tja, dumm gelaufen; der arme Doktor wäre nicht erwischt worden, wenn man es den Ärzten schon früher überlassen hätte, in ihrer Praxis alleine zu entscheiden, wen sie in welcher Reihenfolge impfen und wer deswegen etwas länger in der Warteschlage steht. Auf der Straße ist ja genug Platz.

Der Alptraum: Es könnt ja jemand auf die Idee kommen, dass man die niedergelassenen Ärzte nötigt, im Schichtdienst in Impfzentren zu arbeiten, die 24-Stunden an 7 Tagen in Betrieb sind – Weltuntergang! Dann hätte man ja gar keine Gelegenheit, nach Schließung des Impfzentrums heimlich Familienangehörige oder Privatpatienten zu impfen. Ein Impfzentrum ist doch keine Intensivstation.

Es ist einfach eine Schande, die armen Ärzte dazu zu verdonnern, in einem Impfzentrum zu arbeiten, in dem sie in fremder Umgebung um ihre Therapiefreiheit gebracht werden und auch noch von anderen Mitarbeitern verpfiffen werden könnten. Unerhört!

Es lebe der ärztliche Selbstbedienungsladen – Hauptsache die anderen bezahlen. Die ärztlichen Standesvertreter sind auf dem besten Weg, die Voraussetzungen dafür zu schaffen: Weg mit den Impfzentren.

berliner-zeitung.de berichtete am 19.03.2021: KV Berlin kündigt Vertrag über Impfzentren mit dem Senat.

Eine flächendeckende Impfung sei nur über die Hausarztpraxen möglich, wird die Kassenärztliche Vereinigung zitiert. (…) Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin kündigt zum 30. April den Vertrag mit dem Berliner Senat über die Kooperation bei den Impfzentren. (…) In dem Schreiben heißt es demnach, künftig könne die KV nicht mehr gewährleisten, dass der ambulante Bereich alle Schichten der Ärzte in den Impfzentren besetze.

berliner-zeitung.de am 19.03.2021:

Es könnte also lebensrettend sein, eine sehr vertrauensvolle Beziehung zu dem behandelnden Arzt zu haben! Welcher Patient würde den Arzt denn schon verpfeifen, wenn er bei der Impfung bevorzugt würde?

„Ich verstehe es nicht“ – Ich glaube es nicht

„Ich verstehe es nicht“

titelt Tagesschau.de und zitiert den Bundesvorsitzenden des Deutschen Hausärzteverbands Ulrich Weigeldt:

… „Die Bereitschaft ist da, die Logistik steht, die Lieferketten stehen.“ Pilotprojekte hätten gezeigt, dass es möglich sei, alle verfügbaren Impfstoffe auch in der hausärztlichen Praxis zu impfen. „Ich verstehe es nicht“, sagte Weigeldt. „Weswegen müssen wir jetzt warten? Auf was?“ Er warf der Politik vor, sie würde die Impfzentren privilegieren. Die Menschen würden sich aber lieber beim Hausarzt impfen lassen.

Tagesschau.de –

Ich glaube es nicht,

dass der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes so dumm ist, dass er nicht versteht, worum es in der Substanz geht; ich gehe davon aus, dass er die Bevölkerung und die Politiker vorsätzlich für dumm verkaufen will.

„Die Bereitschaft ist da, die Logistik steht, die Lieferketten stehen.“

Diese Aussage ist schlichtweg unzutreffend. Die Lieferketten sind erheblich beeinträchtigt und alles andere als stabil; die Aussage des Standesvertreters ist eine sehr dreiste Behauptung – oder Weigelt hat keine Ahnung, was man unter einer Lieferkette versteht. Was Weigelt unter den gegenwärtigen Umständen mit der ’stehenden Logistik‘ meint, bleibt sein Geheimnis; was er mit ‚Bereitschaft‘ genau meint, geht aus der Meldung nicht hervor. Es wäre vielleicht eine interessante Idee, sich öffentlich dazu zu äußern, zu welchen konkreten ökonomischen Bedingungen und mit welcher Logistik – vom Anfang der Lieferkette bis zur Einbestellung der Impflinge, dem Management der Warteschlangen vor der Praxis, der Aufklärung der Impflinge und schließlich der Applikation der Spritze mit der anschließenden Beobachtungsphase – die gesamte Ärzteschaft bereit und in der Lage sei, die Massenimpfung einschließlich aller Nebenleistungen – unter den räumlichen Bedingungen einer konventionellen Kassenpraxis neben dem laufenden alltäglichen Praxisbetieb – zu übernehmen.

“ …. Pilotprojekte hätten gezeigt, dass es möglich sei, alle verfügbaren Impfstoffe auch in der hausärztlichen Praxis zu impfen. …“

Mit anderen Worten, Weigeldt sind die Impfzentren ein Dorn im Auge und er wünscht sich deren Abschaffung, denn die Hausärzte würden alles viel besser alleine bewerkstelligen. Die wissenschaftliche Qualität und Evidenz der von Weigeldt erwähnten Pilotprojekte (Plural!) würden mich im Detail interessieren, vor allem der wissenschaftlich fundierte Vergleich der Praxen mit den Impfzentren hinsichtlich der Einhaltung der Prioritätsvorgaben, der Abstands- und Hygieneregeln, sowie der Effizient und der Kosten.

„… Weswegen müssen wir jetzt warten? Auf was?“

Der Standesvertreter verträgt das Warten auf die Vergütung offensichtlich schlechter als die von der Infektion bedrohten Impflinge das Warten auf den rettenden Pieks.

Wenn er der Politik vorwirft, die Impfzentren zu privilegieren – was will er damit sagen? Er kann es offensichtlich nicht vertragen, dass die Politik die Ärzteschaft nicht wie gewohnt privilegieren will. So einfach ist es. Die Äußerungen des Standesvertreters sind Ausdruck von Populismus aus der untersten Schublade.

„Die Menschen würden sich aber lieber beim Hausarzt impfen lassen …“

Woher weiß der Hausarztvertreter das? Natürlich, weil er der Beste ist und weil er als Doktor grundsätzlich immer besser weiß, was für andere Menschen gut ist und was sich diese zu wünschen haben.

Saarbrücker Zeitung vom 11.03.2021:

… Er [Weigeldt] warnte dabei auch vor zu hohen bürokratischen Hürden für die Hausärzte beim Impfen. „Die Bedingungen dafür müssen so sein, dass die Impfungen gegen COVID-19, wie alle anderen Impfungen auch, in die hausärztliche Routine übergehen. Das heißt beispielsweise, dass es keine überbordende Bürokratie geben darf. Das wäre sonst so, als würde man beim Fahren gleichzeitig auf dem Gas und der Bremse stehen“, sagte Weigeldt.

saarbruecker-zeitung.de –

Abschaffung der Bürokratie – das klingt gut. Soll bedeuten: Abschaffung der Kontrolle. Meine verehrten Kollegen hassen Kontrolle wie der Teufel das Weihwasser – das ist das übliche Klagelied bei fast jedem Ärztestammtisch. Priorisierung (nach Entscheidungskriterien der Politik) ist lästig; viel besser scheint es, es den Ärzten allein zu überlassen, wen sie von Ihrer Kundschaft bevorzugen wollen – und wer würde sich als Patient nicht gerne bevorzugen lassen? Natürlich sind ihnen dann die bevorzugten Kunden sehr dankbar!

Die Unterscheidung zwischen der ‚Freiheit der Berufsausübung‘ als berufsrechtlich geregelte Vertrauens-Obliegenheit und willkürlicher Machtausübung nach Gutsherrenart als unterstelltes unantastbares Privileg wird nicht nur von vielen Kollegen nicht erkannt, sondern auch von den Standesvertretern gerne schlichtweg ignoriert.

Kollegenschelte?

Jawoll, ich bin nicht bereit, die populistische Irreführung meiner Standesvertreter kritiklos hinzunehmen. Ich bin nicht bereit, eine Entwicklung hinzunehmen, die den ärztlichen Berufsstand dem Verdacht aussetzt, sich an der Pandemie auf unredliche Weise – zu Lasten der Allgemeinheit zu bereichern.

Gegen diesen Verdacht hilft nur schonungslose öffentliche Transparenz der ökonomischen Bedingungen, unter denen die beteiligten Personen und Gruppen ihren Beitrag zur Bewältigung der Corona-Krise leisten und die Unterlassung einer populistischen Argumentation der verantwortlichen Entscheidungsträger.

Zum Glück habe ich mit einigen – nicht aber der überwiegenden Mehrheit – meiner ärztlichen und psychotherapeutischen Kolleg*Innen als Kollege und Mitarbeiter gute Erfahrungen gemacht; aber ich kann nicht behaupten, dass es – nach meiner persönlichen Bewertung, auch aus meiner eigenen Rolle als Patient – keine schwarzen Schafe in meiner Berufsgruppe gäbe. Zu viele sachlich falsche ‚Gefälligkeitsbescheinigungen‘ und ‚Atteste‘ sind mir in früheren Jahren als Chefarzt, ärztlicher Verbandsfunktionär und Prüfer vorgelegt worden, die ausschließlich den Zeck hatten, Patienten oder anderen interessierten Personen ein (ökonomisches) Privileg zu verschaffen. Von Patienten unter den Bedingungen der Ressourcenknappheit wegen einer ‚bevorzugten Behandlung‘ oder einer ‚begünstigenden Bescheinigung‘ bedrängt zu werden, gehört zum ärztlichen Berufsalltag („… können Sie hier nicht einmal eine Ausnahme machen …?“). Ich kann verstehen, dass die Verführung für einen Arzt groß ist, Patienten, zu denen man eine ‚gute‘ persönliche Beziehung hat, einen Vorteil zu verschaffen, den aber andere Personen oder die Allgemeinheit bezahlen müssen. Ich räume ein, dass ich nicht ausschließen kann, dass ich dieser Versuchung schon einmal durch Unachtsamkeit oder Irrtum erlegen bin; aber ich versichere, dass diese Strategie für mich als ‚Geschäftsmodell‘ noch nie in Betracht gekommen ist. Falls jemand andersartige Erfahrungen mit mir in meiner Berufsausübung gemacht haben sollte, bitte ich um eine eindeutige Rückmeldung!

(Nachtrag vom 21:03:2021:) Dass falsche ärztliche Atteste Raritäten sind ist ein Irrtum. HNA.de berichtet unter der Überschrift: Corona in Deutschland: Falsche Atteste für Corona-Gegner? Ärzte in der Kritik :

(…) Aber auch die Missachtung der Hygieneregeln in Arztpraxen sei neben sogenannten „Gefälligkeitsattests“ ein Thema. (…) Allein in Baden-Württemberg gingen nach Angaben der Landesärztekammer bis Februar 2021 circa 340 Beschwerden gegen Ärzte im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ein. Welche Bußen von der Landesärztekammer für solche Hinweise verhängt werden, unterscheide sich jedoch von Land zu Land. In vielen Bundesländern laufen derzeit Prüfungen und berufsrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Ärzte.

HNA.de vom 21.03.2021

Nicht jede Beschwerde ist berechtigt. Ich selbst habe als Kammermitglied und Beschwerdeführer die Erfahrung gemacht, dass Beschwerden bei der für mich zuständigen Ärztekammer teilweise mit schlichter Untätigkeit beantwortet werden. 340 Beschwerden innerhalb von 2 Monaten bei einer Landesärztekammer könnten allerdings als ein Indikator angesehen werden, dass blindes Vorschussvertrauen und eine Approbation als Arzt allein nicht verhindert, dass ein Arzt eine Neigung zu korruptem Verhalten an den Tag legt.

Die Corona-Krise ist ein seltener ‚Testfall‘, der die beteiligten Personen – insbesondere diejenigen mit Strukturverantwortung – auf die Probe stellt. Die aktuellen Nachrichten (‚Maskenaffäre von Abgeodneten‘) zeigen, dass einige Politiker bei dieser Probe durchgefallen sind.

Es ist unerträglich, dass die Entscheidung über die Verteilung der u. U. lebensentscheidenden raren ‚Ressource Impfstoff‘ aus vorgeschobenen pragmatischen Gründen denjenigen als Einzelperson überlassen wird, die gleichzeitig die ökonomischen Nutznießer des Vollzugs ihrer eigenen Verteilungsentscheidung sind.

Die Erfahrungen mit dem Entscheidungsdilemma und den Fällen von korrupten Entscheidungen über die Zuteilung von Transplantationsorganen scheinen völlig in Vergessenheit geraten zu sein. Die Analogie liegt aber auf der Hand; auch hierbei geht es um lebenserhaltende Entscheidungen und deren Vollzug unter extremem Zeitdruck. Montgomery (2015 – damals Präsident der Bundesärztekammer) via Bild: „Wir wollen das Vier-Augen-Prinzip einführen, bei dem ein unabhängiger Arzt feststellen muss, wie krank der Empfänger wirklich ist, damit die Liste nicht mehr gefälscht werden kann.“

Das ist der Grund, warum ich eine unabhängige Kontrolle der ärztlichen Tätigkeit in vielerlei Hinsicht für unabdingbar halte, auch wenn diese Kontrolle nicht nur unangenehm und lästig ist, sondern auch oft sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Wer sich dieser Kontrolle nicht unterwerfen will, sollte seine Approbation zurückgeben.

Das Schutzbedürfnis liegt bei den Impflingen und nicht bei einer ohnehin privilegierten Berufsgruppe. Allem Anschein droht die politische Führung und die Presse in Deutschland den Lobbyisten der Ärzteschaft – wieder einmal – auf den Leim zu gehen. Ich bin gespannt, wann die ersten Meldungen über das Kursieren von Corona-Impfstoffen auf dem Schwarzmarkt in Deutschland die Runde machen. Schöne Grüße vom Methadon-Schwarzmarkt.

Der Engpass der Corona-Massenimpfung liegt nicht darin, dass die zeitnahe Verimpfung in gut und vernünftig ausgestatteten oder noch kurzfristig auszustattenden Impfzentren nicht organisierbar sei, sondern jetzt und mittelfristig in den Produktions- und Lieferengpässen der Impfstoffe; daran können die Hausärzte auch nichts ändern. Der Vergleich mit den Bedingungen anderer Impfungen unter Nicht-Pandemiebedingungen (z. B. saisonale Grippeimpfung) ist völlig abwegig.

PS:

Wer das unglaubliche Privileg genießt, mich (denjenigen der im Impressum dieser Seite angegeben ist) persönlich zu kennen und dazu auch noch meine persönliche Mailadresse kennt, die/der kann mir gerne mitteilen, dass er/sie in meinen Verteiler aufgenommen werden möchte, um über neue Beiträge auf dieser Webseite per Mail informiert zu werden.

Gerne nehme ich auch von anderen Schriftgelehrten Beiträge auf, die zu dieser Seite passen; Meinungsvielfalt und Kritik sind gefragt– allerdings unter der Bedingung, dass der/die Autor/in einverstanden ist, im Zusammenhang mit einem Beitrag namentlich genannt zu werden!

Das Impfdesaster in Deutschland ist ein Anlass für Fremdscham erster Ordnung

Das Impfdesaster ist – nach Meinung des Verfassers dieses Beitrags – eine ausgesprochen peinliche Angelegenheit. Nach einem anfangs hoffnungsvollen Start wird kaum eine Gelegenheit für eine Blamage ausgelassen.

Was ist bislang sehr gut gelaufen?

Die Priorisierung,

  1. zunächst die hochbetagten und pflegebedürftigen Personen zu impfen,
  2. sodann die in der Pflege und Behandlung von tatsächlich oder potentiell infizierten Personen tätigen Pflegekräfte und Ärzte zu impfen,
  3. und anschließend die weiteren, in der offiziellen Prioritätenliste danach aufgeführten, besonders exponierten Personengruppen zu impfen,

waren gute und ethisch notwendige Entscheidungen unter der Bedingung, dass für die besonders gefährdeten Personen vorläufig ein eklatanter, unabweisbarer Mangel eines lebensnotwendigen Mittels – dem Impfstoff – besteht. An der Priorisierung sollte bis zum Erreichen einer belastbaren Herdenimmunität unbedingt festgehalten werden.

Diese ‚Rationierung‘ eines Produktes, welches unter Marktbedingungen gehandelt wird, stößt bei manchen Zeitgenossen sauer auf. Es ist eine Wohltat festzustellen, dass die deutsche Bundesregierung nicht ohne Erfolg versucht, die besonders gefährdeten Personen und diejenigen, von denen man kein lukratives Wertschöpfungsptential mehr zu erwarten hat (z. B. den sog. Pflegefällen), vor der Brutalität des ungeregelten Marktes zu schützen.

Dieser Priorisierung ist zu verdanken, dass die Sterberate – entgegen der stagnierenden bzw. wieder ansteigenden Neuinfektionsrate – sehr erfreulich gesunken ist.

Wenn Sie auf die Grafiken klicken, ehrhalten Sie die aktualisierten Diagramme.

Dass es nicht einfach war und ist, diese Entscheidungskriterien unter den gegebenen angespannten Umständen politisch durchzusetzen, liegt auf der Hand. Das bedeutet, dass man alle nachrangigen Gruppen an das Ende der Warteschlage schicken muss. Jeder, der sich vordrängelt, verschiebt die gesamte Warteschlange der besonders bedürftigen Personen nach hinten.

Damit die (Vor-)Drängler*innen keine Chance haben, ist es erforderlich, die Priorisierung streng zu kontrollieren, zu dokumentieren und gegebenenfalls zu sanktionieren. Der dafür erforderliche bürokratische Aufwand ist grundsätzlich unvermeidbar; man muss diese Aufgabe nur logistisch geschickt planen und mit geeigneten Mitteln bewältigen.

Allerdings: Es fehlen in der Prioritätenliste z. B. die inhaftierten Strafgefangenen. Dieser Personenkreis, der in unserer Gesellschaft nicht die beste Lobby hat, gehört auch zu denjenigen, die aus eigener Kraft nichts unternehmen können, um sich selbst gegen eine Infektion in einer Gemeinschaftseinrichtung zu schützen – genauso wie (schwer-)behinderte, pflegebedürftige, wegen einer psychischen Erkrankung in einer geschlossenen Einrichtungen untergebrachte oder aus anderen Gründen in ihrer physischen Bewegungsfreiheit eingeschränkte oder behinderte Personen. Die Menschen in solchen ‚Zwangsgemeinschaften‘ sind einem besonders hohen und im Einzelfall unkalkulierbaren Infektionsrisiko ausgesetzt.

Es liegt auf der Hand, dass die offizielle Prioritätenliste nicht jedem Einzelfall gleichermaßen gerecht werden kann. Deshalb ist für besondere Fälle die Möglichkeit einer Einzelfallentscheidung vorzubehalten. Diese sollte aber eine Ausnahmeentscheidung und nicht der Regelfall sein und deshalb streng nach dem 4-Augen-Prinzip unabhängiger Entscheidungsträger getroffen werden. Wer glaubt, dass dies nicht möglich sei, irrt; man muss es nur organisieren – und zwar schnellstens.

Gut gelaufen ist, dass die Bestellung der Impfstoffe (wenigstens teilweise gemeinsam) über die EU abgewickelt wurde, wo auch immer die tatsächlichen Herstellungsorte der Impfstoffe sein mögen.

Respektabel ist auch die Haltung der Politiker, die sich in der Warteschlange für die Impfung nicht vordrängeln, auch wenn man einwenden kann, dass die Spitzenpolitiker systemrelevant sind.

Nach Auffassung des Autors ist es besser, ein Vorbild im Sinne „… der Kapitän verlässt als letzter das sinkende Schiff …“ zu sein als ein Vorbild im Sinne “ … ich bin so wichtig – also bin ich selbstverständlich der erste Fall für das Rettungsboot …“. (Ich erinnere mich an den Spruch meiner verstorbenen Mutter: „Auch der Papst segnet sich selbst zuerst“)

Das Argument, als prominete Persönlichkeit mit dem Vorbild ‚Ich zuerst‘ die Impfskeptiker überzeugen zu wollen, ist an den Haaren herbei gezogen und nach Auffassung des Autors ein fast sicherer Indikator für eine sehr niedrige Schwelle zu korruptem Verhalten. Auf Sicht gibt es mehr impfbereite Personen als Impfstoffe.

Wer sich als Politiker auf das Niveau der modernen Influencer-Kultur herablässt, um möglichst viele ‚likes‘ zu sammeln, macht allem Anschein nach populistischen Wahlkampf auf seine eigene Art, anstatt sich um das faktische Wohl seiner Wählerschaft zu kümmern.

Bis hierher

blicke ich mit einem bemerkenswerten Stolz auf die Corona-Politik in Deutschland und habe Verständnis dafür, dass die Entscheidungsfindung nicht einfach ist; ich akzeptiere, die „Späne, die beim Hobeln solch dicker Bretter fallen“ und nehme gerne in Kauf, dass eine gewisse Schwerfälligkeit der Preis für eine demokratische Entscheidungsfindung unter den Bedingungen der föderalen Struktur und der Gewaltenteilung in Deuschland ist.

Was danach

gekommen ist, hat zunehmend nicht nur einen zunehmend bitteren sondern auch einen sehr sauren Geschmack.

  1. Gerne wird von manchen Besserwissern bezüglich der Bestellung und des Einkaufs von Impfstoffen die Vorgehensweise der USA (oder mancher anderer Staaten mit vergleichbaren Einkaufsstrategien) als Vorbild herangezogen. In der Tat, die Amerikaner haben mit Ihrem Slogan „Amerika first“ eine bessere Lieferquote (nicht zu verwechseln mit der Verteilungslogistig der Impfstoffe!) als die EU und Deutschland durchgesetzt. Wer sich bei Produktions- und Lieferengpässen mit besseren Preisangeboten am Markt vordrängelt, schiebt die anderen in der Warteschlange nach hinten. So funktioniert der Markt.

Wer diese Strategie bevorzugt, mit demjenigen teile ich nicht gerne mein Abendbrot.

Mit Datum vom 10.03.2021 liegt die Impfquote (erfolgte Impfdosen je 100 EW lt. RKI / OWiD) in Deutschland bei 9,8 im Vergleich zur weltweiten Impfquote von 4,1 und der Impfquote der USA von 28,3.

Die Neue Zürcher Zeitung schrieb am 05.03.2021 unter dem Titel „Weil der Westen versagt, impfen China, Russland und Indien die Welt gegen Corona“:

„Der Westen impft zuerst die eigene Bevölkerung. Währenddessen liefern China, Russland und Indien ihre Vakzine an weniger reiche Länder. (…) Noch empfangen meist Schwellenländer mit geringem und mittlerem Einkommen Impfstoffe aus China, Russland und Indien. Diese sind im Verteilkampf um die Vakzine der westlichen Hersteller praktisch leer ausgegangen. Denn die Vereinigten Staaten, die EU und andere reiche Länder haben die ersten Lieferungen für ihre eigenen Bevölkerungen aufgekauft. Manche haben gar viel mehr bestellt, als sie eigentlich brauchen. (…)Kein Land hat so viel chinesischen Impfstoff erhalten wie Indonesien. Fast 40 Millionen Dosen wurden bereits geliefert, fast die Hälfte aller chinesischen Exporte.“

Anm.: Covax ist die Impfinitiative der WHO, die auch ärmeren Ländern Zugang zu Vakzinen verschaffen will

Es lohnt sich, sich mit den Zahlen, auch den Zahlen der nichteuropäischen Lieferländer und deren eigenen Impfquoten, zu beschäftigen – am besten aus unterschiedlichen Quellen. Dann kann sich jeder ein eigenes Bild davon machen, welches Land sich in Sachen ‚Internationale Solidarität unter Corona-Bedingungen‚ mit welchem Ruhm bekleckert.

2. Mit großen medialen Spektakel sind in Deutschland in großen Hallen Impfzentren aus dem Boden gestampft worden. Eigentlich sollten diese gut funktionieren. Es wir oft darüber geklagt, dass nicht genug Impfstoff zur Verfügung steht.

So arbeiten die Impfzentren:

Quelle: RKI, BMG (Stand: 10.03.2021)

Von den bislang insgesamt 12,5 Mio. gelieferten Impfdosen liegen am 10.03.2021 35% = ca. 4,3 Mio. Stück in den Schubladen oder Kühlschränken. (Wenn in Zukunft mehr Impfstoff geliefert wird, benötigen die Impfzentren größere Schubladen. Das Problem könnte man lösen und bei Ikea nachfragen.)

Aus dem nachfolgenden Diagramm kann man schlussfolgern, zu welchen Arbeitszeiten dort gearbeitet wird:

Allem Anschein läuft am Wochenende in den Impfzentren nicht all zu viel. Es könnte sein, dass dort nur zu Bürozeiten gearbeitet wird.

3. Ich habe mich als approbierter (Fach-)Arzt mit Tagesfreizeit bei der für mich zuständigen Ärztekammer Nordrhein über das auf der Webseite der Ärztekammer installierte Covid-19-Freiwilligen-Register seit Januar im Abstand von mehreren Wochen bereits zweimal (!) als freiwilliger Helfer zum Testen und Impfen oder zur Beratung angemeldet. Bislang habe ich weder eine Rückmeldung noch eine Nachfrage erhalten. (Vielleicht habe ich mir dort auch als ‚Nestbeschmutzer‘ der ärztlichen Zunft einen durchwachsenen Ruf eingehandelt (?))

Allem Anschein hat man genug oder zu viel Personal für solche Zwecke.

4. Mein Schwiegervater, ein noch sehr rüstiger älterer Herr, begeht in wenigen Monaten seinen 100. Geburtstag; meine jugendliche Schwiegermutter zählt dagegen nur 85 Lebensjahre. Beide warten in Niedersachsen bis heute vergeblich auf einen Impftermin; der Transport zu einem Impfzentrum wäre kein Problem.

(Ergänzende Anmerkung vom 22.03.2021: Die beiden hochbetagten Menschen wurden am 18.03.2021 in einem lokalen Impfzentrum (in einer Turnhalle) im Kreis Celle problemlos und erfolgreich geimpft und haben das BionTech-Präparat gut vertragen.)

5. Jetzt kommen plötzlich Politiker auf die Idee, die Hausärzte an der Massenimpfung zu beteiligen. Einige Ärztefunktionäre nehmen diese Idee als Anlass zum Jubeln.

Spiegel.de schreibt am 10.03.2021 unter der Überschrift „Corona-Impfungen beim Hausarzt – was Sie jetzt wissen sollten“:

Ab April sollen auch niedergelassene Ärzte und Ärztinnen Corona-Impfungen in ihren Praxen vornehmen. Der Schritt soll das Impfprogramm in Deutschland deutlich beschleunigen. Denn während bisher Impfstoffknappheit herrscht, soll bald deutlich mehr Impfstoff zur Verfügung stehen. Wären dann weiterhin allein die Impfzentren zuständig, würden sie irgendwann nicht mehr hinterherkommen. (…), dass die Hausärzte – als wichtige Ergänzung zu den Impfzentren – schrittweise ins Impfen einbezogen werden sollen ….

Man lässt sich ab heute also 21 Tage Zeit, um diese weltbewegende Maßnahme für die Hausärzte vorzubereiten!

(Nachtrag vom 11.03.2021: Tageschschau.de berichtet am 11.03.2021: (…) Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, meldete bereits Zweifel am angekündigten Termin für den Impfbeginn in Praxen an. Auf die Impfressourcen könne „wohl erst im Mai in Arztpraxen zurückgegriffen werden“- danach dauert es also noch ca. 2 Monate …)

Ein niedergelassener TV-Arzt meinte im Fernsehen, dass eben die Ärzte die beste Fachkompetenz zum Impfen hätten und dass sie ihre Patienten besser kennen. Ein Armutszeugnis ohne Beispiel. Der Piks ist ja ein unglaublich virtuoser Kunstgriff, den man in den letzten Wochen jeden Tag in den Nachrichten mehrfach demonstriert bekommt.

In einer gewöhnlichen Arztpraxis ist eine Massenimpfung nach Auffassung des Autors nichts als Dummes Zeug und bietet die Gelegenheit für kreative Geldschneiderei der Zunft.

Als unterbeschäftigte/r Ärztin/Arzt kann man sich natürlich bei den Patient*innen sehr beliebt machen, denen man schneller den rettenden Piks applizieren kann, wenn man gleichzeitig ein ‚anonymes Impfzentrum‘ diskreditiert; auf die Priorisierung kommt es dann ja im Einzelfall nicht mehr an, denn mit den anderen wartenden Menschen hat der Doktor ja nichts zu tun, es sei denn, diese anderen bringen ihm auch noch erst einmal Ihren Krankenschein mit. Na ja, und auf die Quartalsabrechnung haben diese Fälle ja auch eine gewisse Auswirkung.

(Nachtrag vom 11.03.2021: Nach unterschiedlichen Quellen im Netz wird der Stundensatz eines Arztes in einem Impfzentrum mit 120 – 200 EUR diskutiert. In einer anderen Quelle wird der abrechnungsfähige Honorarsatz einer Covid-19-Impfung mit 27 EUR diskutiert; welche damit verbundenen abrechnungsfähigen Nebenleistungen und Pauschalen hinzu kommen, ist mir noch nicht bekannt. Für die Apotheken bietet die Lieferung des Impfstoffes auch ein gewisses Zubrot, es sei denn, die Apotheken wollten an dem Geschäft nichts vedienen (?).

Da ich meine Zulassung als Kassenarzt bereits 2015 zurück gegeben habe, habe ich keinen Einblick mehr in die Abrechnungspraxis und keine Vertragsbeziehung mehr zur Kassenärztlichen Vereinigung. Wenn ich zuverlässige Quellen gefunden habe, werde ich die Quellen benennen und die Angaben präzisieren.)

(Nachtrag vom 01.04.2021: Hier kann die Tabelle vom 24.03.2021 mit den Abrechnungsziffern und Vergütungsbeträgen für die Vertragsärzte der Kassenärztlichen Bundesvereinigugn (KBV) für die Covid-19-Impfung eingesehen werden. Die Grundvergütung für die Erst- und Abschlussimpfung beträgt je Impfung einschließlich Beratung und Nachbeobachtung EUR 20,–. Ein Hausbesuch wird zusätzlich mit EUR 35,– vergütet. Beratung ohne Impfung wird mit EUR 10,– vergütet.)

Dass der Doktor seine Patienten kennt, stimmt in vielen Fällen sogar – aber er kennt nicht die, die noch nie in seiner Praxis waren.

Der Doktor, seine Kollegen und auch die Politiker haben aber offenbar nicht begriffen, dass wir es mit einer Pandemie zu tun haben, in der es darauf ankommt, mit dem Mittel der Impfung jetzt und ohne einen Tag Zeit zu verlieren, die verfügbaren Impfdosen an die Impflinge zu verteilen, und zwar – wie oben beschrieben – in der nach derzeitigem Wissens- und Entscheidungsstand ethisch gebotenen, priorisierten Reihenfolge. Und ohne sich in diesem Kontext einen besonderen persönlichen (ökonomischen) Vorteil zu beschaffen oder versprechen zu lassen.

Es reicht einfach, dass sich Bundestagsabgeordnete an den der Vermittlung der Maskenbeschaffung auf unredliche Weise bereichert haben.

Es kann nicht sein, dass es nicht möglich ist, weitere Impfzentren in leerstehenden Hallen (in Gemeindehallen, Kontzertsälen, Möbelhäusern mit Großparkplätzen, brach liegenden Groß-Restaurants etc.) in wenigen Tagen aufzubauen und mit allem auszustatten, was man für eine Massen-Impfung benötigt – nicht mehr und nicht weniger. Die Vollausstattung einer Arztpraxis ist dort ebenso überflüssig wie die Fachkompetenz eines Arztes für andere Gesundheitsprobleme. Und man könnte dafür sorgen, dass diese Impfzentren sieben Tage rund um die Uhr Impfungen durchführen. Eine Massenimpfung ist keine Individualbehandlung; auch in einem Impfzentrum kann man jeden Impfling sorgfältig und respektvoll behandeln, auch Personen im hohen Lebensalter und Menschen mit Behinderung. Den Impfrisiken kann man in der Zusammenarbeit der Kolleg*innen und Mitarbeiter*innen in einem Impfzentrum weitaus besser Rechnung tragen als in einer Einzelpraxis.

Jeder Arzt in einem Impfzentrum – auch wenn er nur ein paar Stunden in der Woche dort tätig ist – wird pro Zeiteinheit (in der Zusammenarbeit mit kurzfristig angelernten Hilfspersonen) mehr Impfungen durchführen können, als in seiner eigenen Praxis – vor Allem auch außerhalb gewöhnlicher Sprechzeiten.

Ein Impfling ist kein Patient; er leidet nicht und ist auch (zum Glück noch) nicht krank. Jeder Impfling, der nicht immobil ist, kann ein Impfzentrum aufsuchen. Das ist zumutbar. Wer behindert, bettlägerig ist oder nicht transportfähig ist, ist entweder in einer betreuenden Einrichtung oder wird von anderen Personen professionell oder privat zu Hause betreut. Es kann doch nicht sein, dass es nicht möglich ist, diese Personen zu einem Impfzentrum zu begleiten, wenn die Terminierung gut organisiert ist. Bei den wenigen Personen, bei denen auch das ausnahmsweise nicht möglich ist, ist selbstverständlich eine Impfung durch ein mobiles Impfteam oder den betreuenden Hausarzt sinnvoll und erforderlich.

Dieses Szenario hat aber mit der Bewältigung eines Massenanfalls von Impflingen so viel zu tun wie die Löschung eines Großbrandes durch die Feuerwehr mit dem Auspusten einer Adventskranzkerze.

Ob es politische bzw. logistische Dummheit, Wahlkampf, Erschöpfung oder verdeckte Vorteilsnahme ist, kann ich nicht unterscheiden – weder bei den Politiker*Innen noch bei meinen Kolleg*Innen.

Oder geht es darum, Herrn Minister Spahn abzusägen, der sich in der Anfangszeit der Pandemie dadurch ausgezeichnet hat, nichts zu versprechen, was er nicht halten konnte. Jetzt wird immer mehr versprochen, immer weniger gehalten und man überläßt die Organisation den Amateuren.

Wie es auch gehen könnte, kann man in der Wirtschaftswoche nachlesen. (Jeder Vergleich hinkt, aber manchmal kann man auch von denjenigen etwas lernen, die man nicht so gerne zitiert.)

(Nachtrag vom 11.03.2021: Tagesschschau.de berichtet am 11.03.2021:

Gassen [der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigundg (KBV)] beklagte zugleich die „deutsche Neigung, den Bürokratie-Oscar gewinnen zu wollen“. Dies bremse die Impfkampagne. „Wir sollten nicht alles bis ins Kleinste regeln wollen“, sagte er. Um schnell so viele Bürger wie möglich zu impfen, müsse auch die strenge Priorisierung der Ständigen Impfkommission (STIKO) schrittweise zurückgezogen werden.

Es ist unerträglich, Menschen an der Spitze der ärztlichen Selbtverwaltungskörperschaften zu haben, die neben der Einkommenssicherung der Ärzteschaft nichts anderes tun, als die Bürokratie zu bejammern, anstatt die bürokratischen und logistischen Probleme zu lösen. Dazu sind diese Peronen offensichtlich nachhaltig einfach nicht in der Lage.)

Es mir fällt schwer, diesem ethischen und logistischen Absturz in der gegenwärtigen Pandemiebewältigung tatenlos zuzusehen.

Eine Entscheidung im europäischen Geist

Titelt die Sueddeutsche.de .

“ … Dass Angela Merkel und Jens Spahn das Vakzin [den Corona-Impfstoff der deutschen Firma Biontech] nicht im Alleingang besorgt haben, war trotzdem richtig. (…)“

Ein Lichtblick in der politischen Kultur, mit dem ich noch im letzten Jahr nicht gerechnet hätte. Endlich einmal eine Nachricht im beginnenden Neuen Jahr 2021, die den Hoffnungsschimmer erahnen lässt, dass es eine

Alternative zum „… Ich / Wir zuerst …“

ausgerechnet auch noch von Seiten der Politik gibt.

Und noch besser: Merkel und Spahn verzichten auf Bibelzitate oder verlogene Weihnachtsversprechen, obwohl die beiden der für mich bisher unwählbaren Partei angehören, die mit dem Buchstaben ‚C‘ beginnt.

Allerdings besorgt mich die Kritik an diesem Entscheidungstenor von den grauenvollen Ego-Proleten und intellektuellen Trittbrettfahrern in der deutschen Population.

Vielleicht lag ich mit meiner skeptischen Prognose vom Juni 2020: „Corona-Impfstoff – wann?“ daneben. Ich hoffe, dass meine Einschätzung zu pessimistisch war.

Wenn Merkel und Spahn sich nicht von dieser Linie abbringen lassen und sich im europäischen Raum damit durchsetzten können, dann kommt es vielleicht besser, als ich es mir im letzten Jahr vorstellen konnte.

Trump oder Covid-19-Virus – wer verschwindet zuerst?

Spiegel.de meldete am 01-07-2020 um 22:41 Uhr:

„… Trotz eines dramatischen Anstiegs der täglichen Neuinfektionen in den USA glaubt Präsident Donald Trump weiter an das Verschwinden des Coronavirus. Die Wirtschaft werde sich bald wieder erholen und

das Virus wird irgendwann gewissermaßen einfach verschwinden“

sagte Trump im Gespräch mit dem Fernsehsender Fox Business. (…)“

Ich behaupte:

Trump wird irgendwann gewissermaßen einfach verschwinden

Die entscheidenden Fragen sind:

Wer verschwindet zuerst?

Was kostet es, Trump und Covid-19 zum Verschwinden zu bringen und wer soll das bezahlen?

Was haben Trump und Covid-19 gemeinsam?

  1. Beide sind nicht nur lästig, sondern sie bedrohen beide nach vielfältigen, aber sehr divergenten Hypothesen die gesamte Weltordnung.
  2. Es ist weder bewiesen noch widerlegt, dass Trump und Covid-19 in einem chinesischen biotechnischen Hochsicherheitslabor erzeugt worden sind, auch wenn es für diesen Verdacht viele Argumente gibt.
  3. Beide sind mit Hydroxychloroquin nicht zu beseitigen.
  4. Beide dominieren seit Jahresbeginn sämtliche Medien und Presseorgane.
  5. Die Weltbevölkerung spekuliert ständig mit zweifelhaftem Erfolg darüber, wie Covid-19 und Trump sich in nächster Zeit verhalten.
  6. Beide stehen über dem Gesetz. Weder Trump noch Covid-19 halten sich an Rechtsvorschriften.
  7. Beide verfolgen einen imperialistischen Anspruch der Beherrschung der Welt.
  8. Beide bringen die Notenbanken dazu, unbeschränkt Geld zu drucken.
  9. Beide sorgen dafür, dass Politiker, Verschwörungstheoretiker und Wissenschaftler immer öfter übereinander schimpfen, bevor sie miteinander sprechen.
  10. Viele Menschen meinen, dass beide eigentlich längst verschwunden sein sollten, was aber unbestritten nicht der Fall ist.

Was unterscheidet Covid-19 von Trump?

  1. Covid-19 ist im Gegensatz zu Trump mit bloßem Auge unsichtbar.
  2. Covid-19 hat es geschafft, sich ohne Twitter-Account in noch kürzerer Zeit als Trump in den medialen Vordergrund zu bringen.
  3. Covid-19 lässt sich im Gegensatz zu Trump nicht durch Meinungsumfragen beeindrucken.
  4. Covid-19 braucht im November 2020 nicht wieder gewählt zu werden.
  5. Trump sorgt dafür, dass immer mehr Menschen auf die Straße gehen; Covid-19 sorgt dafür, dass immer mehr Menschen zuhause bleiben.

Falls einer von beiden ‚irgendwann gewissermaßen einfach‚ verschwinden sollte – was macht der Verbliebene ohne den Zuerst-Verschwundenen?

Und was macht die Weltbevölkerung, wenn ‚irgendwann gewissermaßen einfach‚ beide verschwunden sind?

Man kann es sich einfach nicht vorstellen.

Das Wettrennen um die Impfstoffentwicklung

Deutschlandfunk.de berichtet am 30.06.2020 „So weit ist die Impfstoffforschung gegen das Coronavirus“. Nach Angaben des Verbandes der forschenden Pharmaunternehmen – vfa sind aktuell 153 Impfprojekte angelaufen (Stand vom 24.06.2020). Von diesen Impfprojekten befinden sich 17 in der Phase der Klinischen Evaluation (Stand 29.06.2020 – die aktualisierte ausfühliche Tabelle der WHO kann hier herunter geladen werden).

„Bis vor wenigen Jahren hätte man von der Virusanalyse bis zur Zulassung des Impfstoffs 15 bis 20 Jahre angesetzt.“

Der Wettbewerb – oder besser das Wettrennen der Entwicklungsinstitute ist im vollen Gange.

Die Skepsis in dem von mir verfassten Text, dass ein Impfstoff nicht vor Mitte 2022 zur Impfung der Weltbevölkerung verfügbar ist, halte ich weiterhin aufrecht, auch wenn die Äußerungen von Vertretern der Politik und der Impfstoffhersteller sehr oft viel optimistischer klingen. Es ist keineswegs so, dass ich mir einen Impfstoff gegen Covid-19 nicht früher wünschen würde – ganz im Gegenteil!

Ich bin gespannt ob ich mit dieser Einschätzung richtig oder falsch liege.