twitterte unser Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am frühen Nachmitag des 29.05.2021.
Vorher berichtete die Süddeutsche.de am 28.05.2021 um 21:33 Uhr:
Corona-Testzentren:
Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Bochumer Testfirma
(…) Mehrere Geschäftsräume und Privatwohnungen im Ruhrgebiet sind durchsucht und Unterlagen beschlagnahmt worden.
Im Fall der Firma MediCan, die überhöhte Testzahlen gemeldet hatte, hat die Staatsanwaltschaft Bochum nun Ermittlungen aufgenommen. (…)
Ermittelt werde „gegen zwei Verantwortliche eines in Bochum ansässigen Unternehmens wegen des Verdachts des Betrugs im Zusammenhang mit der Abrechnung von Bürgertests gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung“, so die Sprecherin weiter.
(…) So fanden am vorigen Freitag in Köln-Marsdorf nur etwa 70 Tests statt, gemeldet wurden aber 977 Tests. Auf einem Parkplatz in Essen wurden am Samstag tatsächlich etwa 550 kostenlose Tests vorgenommen, gemeldet wurden aber 1743. Und bei einer Stichprobe am 14.Mai in Münster-Gievenbeck liegt die Diskrepanz zwischen etwa 100 tatsächlichen und 422 gemeldeten Bürgertests.
(…) Der Bund erstattet für jeden einzelnen Test 18 Euro. Aber weder die Kassenärztliche Vereinigung, über die Betreiber abrechnen, noch die Gesundheitsämter haben nach der vom Bundesgesundheitsministerium erlassenen Testverordnung eine Kontrollfunktion.
Viele Bundesländer wissen nicht, wie viele Bürgertests bei ihnen stattfinden – in NRW hat Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) die mehr als 8000 Teststellen immerhin dazu verpflichtet, jeden Tag die Anzahl der Bürgertests online zu melden. (…)
(…) Mit den Zählungen konfrontiert, hatte Firmeninhaber Oguzhan Can, ein Bochumer Immobilienunternehmer, erklärt: „Die Testzahlen stimmen im Ganzen, aber nicht auf die einzelnen Standorte bezogen.“ Das liege daran, dass „die Testungen in einigen Städten mit mehreren Standorten auch zusammengefasst übermittelt werden“. Dies erfolge, „in Absprache mit den Behörden“.
Die Gesundheitsämter von Münster, Essen und Köln hatten eine solche Absprache dementiert. (…)
Süddeutsche.de vom 28.05.2021
MediCan betreibt lt. Süddeutsche.de 54 Testzentren in 36 Städten Deutschlands, Schwerpunkt ist NRW. Die Firma MediCan, betreibt die Webseite www.coronatest-eu.com.
Im Impressum der Webseite der Fa. MediCan ist folgendes angegeben:
Verantwortlicher Ärzte für die Durchführung der Tests und Personalschulung:
Walid Wahabie (Arzt)
Omar Al Syouri (Arzt)
Den Arzt Walid Wahabie findet man in der OP-Abteilung in der Fachklinik Dr. med. Sandra Stocks, einer Fachklinik für Plastische Chirurgie.
Den Arzt Omar Al Syouri ist Assistenzarzt an der Universitätsklinik für Plastische Chirurgie, Plast.-, Rekon.- und Ästh. Chirurgie, Handchirurgie
Evangelisches Krankenhaus Oldenburg.
(…) Wir bieten, in Zusammenarbeit mit zwei approbierten Ärzten, behördlich anerkannte Schnelltests / PCR-Tests/ Antikörper-Tests an. (…)
Angebotsbeschreibung auf der Webseite der Fa. MediCan (Stand vom 29.05.2021)
Tagesschau berichtete am 29.05.2021:
(…) Gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio sagte Spahn, die Berichte über möglichen Abrechnungsbetrug würden sehr ernst genommen. „Wir werden jetzt auch schauen, ob wir die Kontrollmechanismen noch mal verschärfen. Die nachträgliche Kontrolle wird auch stattfinden, die Anbieter müssen die Unterlagen bis 2024 aufbewahren. In der Pandemie muss es manchmal schnell gehen, aber wir haben gesagt, dass bis Ende 2024 kontrolliert werden kann.“
(…) Der Bund überweist den Testzentren demnach 18 Euro pro durchgeführtem Antigen-Schnelltest. In den Monaten April und Mai wurden insgesamt 660 Millionen Euro überwiesen.
tagesschau.de vom 29.05.2021
Na ja, Minister Spahn twitterte, „… Egal ob bei Masken oder beim Testen – jeder, der die Pandemie nutzt, um sich kriminell zu bereichern, sollte sich schämen.„…
„Wir werden jetzt auch schauen, ob wir die Kontrollmechanismen noch mal verschärfen“.
Wir (wer genau?) werden jetzt (wann denn genau?) auch (wer oder was denn auch noch?) schauen (es blickt doch sowieso keiner durch), ob (oder vielleicht doch besser nicht?) wir (wer genau war gemeint?) die Kontrollmechanismen (was ist das denn?) noch mal (hatten wir so etwas schon einmal?) verschärfen (nein, das wäre viel zu bürokratisch?)
Endlich mal eine klare Aussage eines Politikers!
Wenn es reicht, sich für Betrug in dieser Größenordnung zu schämen, dann bietet die Corona-Pandemie die besten Chancen für erfolgreiche kreative Geschäftsmodelle in Kooperation mit meinen Ärztlichen Kolleg*innen. Plastische Chirurgen sind in diesem Zusammenhang wohl die besten Pandemie-Fachleute und scheinbar sehr geeignete Kooperationspartner.
Ärzte kontrollieren – um Gottes Willen! – „Wir [Haus]ärzte sind doch nicht das Passamt“ (Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes) … Ärzte arbeiten in einer globalen Notstandssituation grundsätzlich nur für ‚Gotteslohn‘.