Rein in die Arztpraxen – da ist man wenigstens nicht allein!

Es war voraus zu sehen. Der Start der Covid-19-Impfungen in den Arztpraxen am Osterdienstag, den 06.04.2021 war ein voller Erfolg.

In den Nachrichtensendungen wurde es gezeigt:

26 Impfdosen pro Praxis – eine Riesenmenge – aber es werden noch viel mehr.

Jetzt geht es richtig los.

Die Hausarztpraxen werden zu Hotspots. Die Telefonleitungen der Praxen laufen heiß; die jüngeren Patienten drängen auf Impftermine, die Praxishelferinnen haben jetzt alle Hände voll zu tun, die Leute abzuwimmeln; und dabei dann noch auf die Priorisierung achten – eine echte Herausforderung – aber Priorisierung ist doch auch nicht wirklich nötig. Die Patienten drängen sich in den Eingangsfluren, bevor der Arzt in die Praxis kommt. Oh je, wenn jetzt noch ein Notfall in der Praxis vorkommt, geht die Post erst richtig ab. Vor den Anmeldetresen tummeln sich die Patienten wie an den Wühlständen beim Winterschlussverkauf – na ja, vielleicht nur deshalb, weil auch die Fernsehleute dabei sind um zu filmen.

Herr Minister Spahn kündigt mit stolzgeschwellter Brust an, dass das ja erst der Anfang sei. Die Lieferquoten für die Arztpraxen sollen in der nächsten Zeit noch deutlich gesteigert werden, damit es in den Praxen so richtig voll wird. Dass es bei der Anlieferungen der Impfdosen durch die Apotheken noch ‚rumpelt‘ macht doch nichts – das wird schon. Wenn dann doch nicht so viel Impfstoff geliefert wird wie bestellt wurde, kann der Hausarzt ja jeder/m erklären, warum der zugesagte Impftermin nicht eingehalten wird und andere Impflinge ‚wichtiger‘ sind .

In dem Impf-Rummel einer gewöhnlichen Praxis ist man dann auch den anderen Patienten so richtig nahe. Wenn man in die Praxis nicht mehr reinkommt, weil sie einfach zu voll ist, trifft man sich eben in der Warteschlange auf der Straße; das kennt ja jeder schon von überfüllten Gaststätten (Denk dran: Getränke bitte selbst mitbringen!). Eine Wohltat nach dem Lock-Down, wenn man schon nicht in ein Restaurant gehen darf, ist wenigstens in einer Praxis was los – es geht eben nichts um eine gemütliche, drangvolle Enge.

Wozu benötigt man denn noch die Impfzentren? Die könnte man doch sowieso schließen, denn manche arbeiten sowieso nur zu Bürozeiten. In den großen Hallen der Impfzentren, wo man keinen kennt und nur fremde Leute rumlaufen, kommt man sich so verloren und einsam vor, richtig ungemütlich. Und vor den Impfzentren gibt es manchmal nicht nur lange Warteschlangen, sondern auch noch Aufpasser, die einen davon abhalten, dass man anderen Zeitgenossen zu nahe tritt.

Und dann auch noch die Idee von Frau Kramp-Karrenbauer: 28 Impfzentren der Bundeswehr. Die sollen tatsächlich rund um die Uhr arbeiten. Wer will sich denn tatsächlich nach Einbruch der Dunkelheit noch impfen lassen – und dann auch noch in einer Kaserne von Soldaten? Unzumutbar! Wo sind wir denn hier?

Aufgepasst! Wer sportlich und kreativ ist, kommt sehr bald zu seiner Biontech-Impfung:

Der geänderten Impfverordnung des Bundes vom 8. März zufolge kann ohnehin von der Reihenfolge abgewichen werden, „wenn dies für eine effiziente Organisation der Schutzimpfungen oder eine zeitnahe Verwendung vorhandener Impfstoffe notwendig ist, insbesondere um den Verwurf von Impfstoffen zu vermeiden“. Das gilt für Impfzentren und Hausärzte gleichermaßen, doch in den Praxen dürfte das zügiger getan werden: Ist abends noch Impfstoff (aus geöffneten Fläschchen) übrig, werden die versorgt, die eben wollen – auch Jüngere.

Tagesspiegel von 05.04.2021

So wie man zu einem Last-Minute-Flug billig in den Urlaub kommt, kommt man auch schnell zu seiner Impfung. Man nimmt einfach „den Rest vom Schützenfest“. Und wenn der Doktor nur genug Impffläschchen geöffnet hat, ist auch genug für alle da.

Wie einfach die Impfung für die Hausärzte und Patienten ist sieht man hier:

https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/coronavirus/Erste-Lieferungen-in-Praxen-eingetroffen-Ab-Mittwoch-wird-geimpft,hausaerzte124.html